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Schülerprojekt der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen

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Klassik trifft Schule +++ Kammerphilharmonie Bremen verlagert Probenräume in Gesamtschule +++ Zukunftsaward 2007 in der Kategorie «Beste Soziale Innovation» für innovative Idee


Bremen (ddp-nrd). Leise Melodien schweben über dem Gebäudekomplex der Gesamtschule Ost in Bremen-Osterholz. Die Musiker der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen haben die Dachfenster ihres neuen Probenraumes in der ehemaligen Bibliothek des Schulzentrums geöffnet, die Musik dringt in fast jedes Klassenzimmer. Vor drei Monaten zog das Orchester in den nicht gerade privilegierten Stadtteil – mitten in den Schulalltag hinein. «Die Musiker kommen in die Klassen und die Schüler können bei Proben dabei sein«, sagt Lehrer Henning Grossmann. Allmählich werde den Schülern klar, was für ein Weltklasseensemble unter einem Dach mit ihnen probt.

Dass sich ein Orchester aus der »Spitzenliga" dauerhaft in eine Schule integriert, ist nach Angaben der Kammerphilharmonie einmalig. «Wir haben durch die Musikklassen schon viel Musik an der Schule, doch durch den Einzug der Kammerphilharmonie ist das Thema noch viel präsenter geworden», freut sich Lehrer Grossmann. Die 15-jährige Schülerin Hanna kann das bestätigen. «Wir spielen alle selbst Instrumente und haben mit den Musikern schon Kontakt aufgenommen», erzählt sie. Nicht nur ein nettes Grüßen in der Mensa ist die Folge, sondern es gibt auch handfeste technische Tipps im Umgang mit dem Instrument. «Die Musiker sind Vorbilder für uns, was die Musik angeht», sagt die 15-jährige Jessica.

Die Mädchen haben gerade ihren ersten Auftritt mit einer Auswahl an Kammerphilharmonikern hinter sich. Das Gemeinschaftsprojekt mit 80 Schülern zwischen 12 und 17 Jahren, der Bigband der Schule, Lehrern, jungen Bands aus dem Stadtteil und der Kammerphilharmonie entstand unter der Leitung des Komponisten Mark Scheibe. Aufgeführt wurde die Soap Opera «Melodie des Lebens». Das Repertoire reichte von Handy-Melodien bis zu Händels Feuerwerksmusik, von der Bach-Arie bis zum Sprechgesang. «Da fand sich jeder wieder», sagt Scheibe. «Es ist grandios zu sehen, wie die Schüler sich mit dem Projekt entwickelten».

So wie die Berufsmusiker die Schüler ernst nehmen, so sollen auch die Schüler das Projekt ernst nehmen. Ein nicht immer einfacher Weg, sagt Scheibe: «Die Schüler wollen cool sein, aber es heißt \'Hose runterlassen\', wenn man auf der Bühne stehen und ein Publikum unterhalten will.» Wichtig seien Mut, Disziplin und Ausdauer. Dabei gebe es auch immer wieder neue Entdeckungen und Talente, die sich hinter Schüchternheit oder Kaltschnäuzigkeit verbergen. Die Schüler hätten sich alle freiwillig gemeldet, um dabei zu sein. Das bedeutete, seit März ein Probenwochenende pro Monat sowie eine ganze Woche Proben vor der Aufführung, sagt Scheibe.

Für ihr Engagement bekam die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen kürzlich den Zukunftsaward 2007 in der neu geschaffenen Kategorie «Beste Soziale Innovation». «Ein Weltklasse-Ensemble und eine Schule unter einem Dach - das ist einmalig», befand die Jury. Das Orchester mache «ernst mit einem neuen Kulturbegriff». Kultur werde auch als Motor für die Entwicklung von Schule, Orchester und Stadtteil verstanden. Wenn das Orchester nicht in Osterholz ist, gibt es Konzerte auf bedeutenden Podien wie der Carnegie Hall in New York oder der Londoner Royal Albert Hall.

Im kommenden Schuljahr, so kündigte Scheibe an, werden sich Schüler, Lehrer und Mitglieder der Kammerphilharmoniker auf ein neues Projekt einlassen.

Anne Koschade