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Senioren-Weiterbildung nimmt zu

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Grau meliert im Hörsaal - Eine wachsende Zahl wissbegierige Senioren begeistert sich für den Besuch einer Hochschule


Dresden/Leipzig/Chemnitz/Kamenz (ddp-lsc). Für viele jüngere Studenten ist es ein ungewöhnliches Szenario, wenn fünf Minuten vor Beginn der Vorlesung eine Gruppe Frauen und Männer jenseits der 60 den Hörsaal betritt, in einer der vorderen Reihen Platz nimmt und Zettel und Stift zückt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Kamenz sind im Wintersemester 2004/2005 an sächsischen Universitäten knapp 500 Gasthörer registriert worden, die älter als 60 Jahre waren. Anfang der 90er Jahre gab es in dieser Altersgruppe gerade einmal sechs Gasthörer.

Zudem gibt es der Erhebung zufolge derzeit mehr als 150 «Seniorenstudenten». Das heißt, die Studenten im Rentenalter sitzen ordnungsgemäß immatrikuliert in den Lehrveranstaltungen mit Hochschülern, die ihre Enkel sein könnten. Sie schreiben Klausuren und können das Studium mit dem Diplom- oder Magisterabschluss beenden.

Auch auf einem dritten Weg, der in den Zahlen des Statistischen Landesamtes nicht berücksichtigt wird, können sich ältere Menschen den Hochschulen nähern. In speziellen Seniorenkollegs, die es an den Unis in Leipzig und Chemnitz gibt, sind die jeweils rund 800 Teilnehmer unter sich und können gegen eine Hörergebühr, die geringer als für Gasthörer ist, Vortragsreihen besuchen und an Exkursionen teilnehmen. «In Zukunft möchten wir unseren Hörern auch Fremdsprachenausbildung anbieten, denn da haben viele Senioren Nachholbedarf», sagt Roland Schöne, der das Seniorenkolleg der Technischen Universität (TU) Chemnitz betreut.

Deutschlandweit einmalig in ihrer Organisationsform ist die Dresdner Seniorenakademie für Wissenschaft und Kunst (DSA). Sie wurde laut Rosemarie Becker vom DSA-Vorstand im Herbst 1994 gegründet und zählt derzeit knapp 900 Hörer. Die Seniorenakademie setzt sich aus drei Säulen zusammen: Die TU Dresden bietet mit ihrer Bürgeruniversität ausgewählte Veranstaltungen aus dem regulären Lehrprogramm wie Vorlesungen, Seminare und Übungen an.

Der zweite Stützpfeiler sind Kunst- und Musikhochschulen sowie Museen. Mit diesen Partnern werden Konzerte und Führungen angeboten. Ein Förderverein schließlich organisiert Gesprächskreise sowie Theater- und Internetgruppen. Die Teilnehmer können universitäre Veranstaltungen besuchen, sind aber offiziell nicht als Gasthörer eingetragen. Ein anerkannter Abschluss wird dabei nicht angestrebt. Für die Teilnahme werden weder Abitur noch Hochschulabschluss benötigt.

Eine Hörerin der ersten Stunde an der Seniorenakademie ist Christel Hartmann. Die 73-jährige Dresdnerin ist jede Dienstag gemeinsam mit ihrer 65-jährigen Schwester Hannelore auf dem Campusgelände der Landeshauptstadt unterwegs. Als gelernte Schneidermeisterin interessiert sich Hartmann vor allem für Vorlesungen zur Kunstgeschichte, doch auch bei Veranstaltungen der Hochschule für Bildende Künste ist sie regelmäßig anzutreffen.

«Als ich die Schule beendete, war der Zweite Weltkrieg gerade vorbei und ich hatte keine Chance auf ein Studium», erzählt Hartmann. «So richtig bereut habe ich das zwar nie, doch heute macht es mir umso mehr Spaß, an der Seniorenakademie teilzunehmen.» Nur einmal, erzählt sie, habe sie in einem Seminar für Musikgeschichte ganz allein zwischen jungen Studenten gesessen. Und da habe sie sich dann doch ziemlich einsam gefühlt.

Christoph Stephan

http://www.tu-dresden.de/senior / http://www.tu-chemnitz.de/seniorenkolleg