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Lehrer in Deutschland haben von sich und ihrer Arbeit eine schlechtere Meinung als die Gesellschaft. Die öffentliche Meinung messe den Pädagogen kaum Schuld an der Bildungsmisere zu, sagte Professor Matthias Rath von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg am Donnerstag auf der Leipziger Buchmesse.
Leipzig (ddp-lsc). Fast zwei Drittel der Lehrer schätzten das Ansehen ihres Berufsstandes als «mangelhaft» ein beziehungsweise bewerteten es mit der Durchschnittsnote 4,6. Hingegen sähen nur neun Prozent der Bevölkerung bei den Lehrern die Hauptverantwortung für die Bildungsmisere.Zu diesem Ergebnis sind Rath und seine Kollegin Gudrun Marci-Boehncke bei der Befragung von 112 Lehrern aller Schularten in Baden-Württemberg gekommen. Diese habe gezeigt, dass Pädagogen aller Schularten und beiden Geschlechts ihre Situation ähnlich bewerteten, sagte Marci-Boehncke. So seien vier Fünftel der Pädagogen zufrieden mit ihrem Beruf und würden ihn wieder ergreifen. Auch ihre Bezahlung schätzen die meisten Befragten im Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen anderer europäischer Länder als gut ein.
Von der Politik fühlen sich die Pädagogen hingegen vor allem in der durch die Pisa-Studie angestoßenen Bildungsdebatte in Deutschland im Stich gelassen. So wurde die politische Unterstützung in der Befragung mit der Note 5 benotet. Lehrer sähen sich selbst auch nur wenig in der Lage oder der Verantwortung, die Bildungssituation zu ändern. «Das ist ein Indiz für mangelndes Selbstbewusstsein», sagte Rath. Ursache hierfür sei auch ein traditionelles Lehrerbild, dass durch eigene Erfahrungen und mediale Vermittlung entstehe. «Man erinnert sich an seine eigene Schulzeit und schaut sich den Film \'Die Feuerzangenbowle\' an, und schon ist das Lehrerbild fertig.»
Rath und Marci-Boehncke forderten, Lehrer müssten «raus aus der Schmollecke» und den «Optimismus als pädagogische Berufstugend wieder entdecken». Nur selbstbewusste Pädagogen könnten bei ihren Schülern Selbstbewusstsein wecken. Zugleich müsse die Gesellschaft ihre Erwartungen an die Schule überdenken. Diese könne nicht alle Probleme wie Gewalt und Drogenmissbrauch beheben. «Und wer sich hinstellt und Lehrer als faule Säcke bezeichnet, darf sich nicht wundern, dass die aus der Diskussion über die Bildungsmisere aussteigen», sagte Rath.