Das im Aufbau befindliche neue Institut für Open Arts bietet einen inter-, trans- und nondisziplinären Workspace. Ein Gespräch mit Claudia Lehmann, die das Institut seit 1. März leitet.
Worin liegt die Besonderheit des Instituts für Open Arts?
Die Besonderheit des Instituts liegt darin, Grenzen zu überwinden, Denkmuster zu durchbrechen und neue Verbindungen zwischen den Künsten, den Wissenschaften und deren Praxis zu ermöglichen. Das Institut versteht sich als inter-, trans- und nondisziplinärer „Raum“ mit vielen Türen zu vielen anderen Räumen. Da es an der Universität bereits Forschungsprojekte wie z. B. Spot on MozART gibt, innerhalb derer übergreifende Projekte realisiert werden, war die Gründung des Instituts eine logische Konsequenz.
Was wird das Institut beziehungsweise die dort angesiedelten Studien vermitteln?
Wir sind gerade dabei, verschiedene Studien zu entwickeln. Für mich steht dabei immer wieder die Frage im Zentrum: Wie können wir uns für die Zukunft rüsten, im Denken und Neudenken, in der Art und Weise, wie wir – auch miteinander – arbeiten, wie wir uns ausdrücken. Es geht um künstlerische Forschung, die neben allen neuen Ansätzen und dem Blick über den Tellerrand Expertisen braucht. Dahingehend entwickeln wir Studienformate, die eben dies ermöglichen.
Welchen Stellenwert werden „digitale Ansätze“ haben?
Einen enorm hohen: Die Digitalisierung ist aus unserem Leben und auch aus der Kunst nicht mehr wegzudenken. Das bringt auch ungeahnte Möglichkeiten mit sich. Ein Studium wird sich speziell mit transmedialen Räumen und Narrativen beschäftigen. Mit dem Bau des UMAK (Universität Mozarteum am Kurgarten) und dem dort angesiedelten XReality-Lab gibt es dann auch ein Labor für Digitales, in dem neue immersive, visuelle und auditive Formate erforscht werden können. Wir suchen auch immer wieder den Brückenschlag vom klassischen zum digitalen Arbeiten.
Haben Sie das Gefühl, dass sich traditionelle Kunst-Disziplinen „Grenzen“ auferlegen?
Ich habe das Gefühl, dass sich die Menschen an sich zu viele Grenzen auferlegen, das sehen wir auch in der politischen Weltlage. Die Kunst kann auf einer anderen Ebene Zusammenhänge sichtbar machen und Themen in den Mittelpunkt rücken, die sonst schnell in Konflikten enden. Den „Grenzen“ gilt es eine Offenheit entgegenzusetzen und die Studierenden zu ermutigen. Über die Zeit etablieren sich Dinge, die zu selten hinterfragt werden: vorhandene Strukturen, Vorgehensweisen, Prozesse, auch Aufführungspraxen. Das Hinterfragen und ein Innehalten kann man sich nicht immer leisten. Eine neue Perspektive eröffnet sich meist erst, wenn man über Disziplinen hinweg miteinander in einen Austausch kommt.
Worin liegt der gesellschaftliche Nutzen dieses „Open Arts-Ansatzes“?
An dieser Stelle zitiere ich Frank Zappa: „Ohne Abweichung von der Norm ist Fortschritt nicht möglich.“ Wir müssen über die hochspezialisierten Disziplinen hinweg lernen zu kommunizieren. Das heißt nicht, die bewährten Spezialisierungen aufzugeben, sondern sie sich zunutze zu machen, mit einem übergreifenden Denken und Handeln zu koppeln und im besten Sinne Wissen aus mehreren Bereichen zusammenzuführen.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für das Institut?
Die größte Herausforderung sehe ich darin, ein realistisches Studienangebot zu ermöglichen. Die bereits vorhandenen Studienangebote, -pläne und Curricula wurden oft über Jahre entwickelt und verbessert. Aber wenn man ein freies, übergreifendes Studieren ermöglichen will, muss man sich bewegen, auch Kompromisse eingehen. Das ist wie ein Gebäude errichten, wie der Turmbau zu Babel, nur dass wir die unterschiedlichen Sprachen nicht als Strafe Gottes ansehen, sondern als Geschenk.
Claudia Lehmann ist promovierte Physikerin, Filmemacherin und Videokünstlerin. Sie entwickelt visuelle Konzepte, Videobühnenbilder und eigenwillige Live-Video-Performances. Gemeinsam mit dem Bildenden Künstler und Komponisten Konrad Hempel gründete sie das Institut für Experimentelle Angelegenheiten, IXA. Seit 2019 ist sie Professorin für Filmkunst und Visuelle Kommunikation an der Universität Mozarteum.
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