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«Weill getanzt» - Dessauer Kurt-Weill-Fest startet heute

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Dessau (ddp-lsa). Mit Superlativen geht Clemens Birnbaum, der Intendant des Dessauer Kurt-Weill-Festes vorsichtig um. Dennoch war die Besucherresonanz vor dem Fest noch nie so groß wie bei seiner 15. Auflage. Rund 85 Prozent der Karten wurden bereits verkauft.

«Dennoch gibt es noch für viele der 35 Veranstaltungen Karten, niemand soll sich durch die guten Zahlen abschrecken lassen, nach Dessau zu kommen», sagt Birnbaum. Für ihn beginnen am heutigen Freitag mit der Eröffnung des zehntägigen Festes die anstrengendsten Tage des Jahres. Kein
Konzert, kein Gespräch, keine Diskussion will er verpassen. So hat er sich, einer Gewohnheit folgend, für die Zeit des Festes im Hotel «Fürst Leopold» einquartiert. «Um Tag und Nacht für die Künstler und Mitorganisatoren ansprechbar zu sein.»

Mit dem diesjährigen Motto «Weill getanzt» präsentiert das Fest eine neue Facette des Komponisten. Denn bis auf «Die sieben Todsünden» findet sich in Weills Werksverzeichnis kein Ballett. «Wenn man sich seine Werke jedoch genau anhört, erkennt man, einige sind voller Tanzsätze», erläutert Birnbaum. So sei die Zuhälterballade aus der «Dreigroschenoper» ein tanzbarer Tango, der Bilbao Song eine Foxtrott und Surabaya-Jonny ein Blues.

Der Tango steht in diesem Jahr auch im Mittelpunkt der großen Eigenproduktion des Festes. In Koproduktion mit dem Anhaltischen Theater Dessau und der Gregor Seyffert Compagnie Dessau wird den Besuchern mit dem «Tango Palast» ein Tanzerlebnis geboten, das durch die Weillsche Musik, die Musik von Astor Piazzolla, aber auch von modernen Interpretationen getragen wird.

Clemens Birnbaum, der als Intendant zum fünften Mal für das Fest verantwortlich ist, tut sich schwer, aus der Fülle der Veranstaltungen Höhepunkte zu benennen. Zu wichtig ist ihm jede einzelne Veranstaltung, jeder Künstler, Musiker und Tänzer. «Doch es ist natürlich schön, wenn man schon seit Jahren an Künstlern dran ist und sie nun nach Dessau kommen», sagt der Intendant. Die Rambert Dance Company gehöre dazu. Die älteste Tanzcompagnie Großbritanniens reist eigens aus London in Dessau an, zeigt mit dem Ballett «Judgement of Paris» eine deutsche Erstaufführung. Für das 1938 uraufgeführte Stück bearbeitete Weill seine Musik aus der Dreigroschenoper.

Zu den bekannten Namen des Festes gehört das Ensemble Modern. Mit seinem Konzert «Berlin im Licht» wurde es bereits bei Auftritten in Berlin vom Publikum gefeiert. Auch Max Raabe und das Palastorchester sind Publikumsmagneten.

In Ergänzung dazu finden auch die weniger großen Namen und Projekte sowohl beim Dessauer, im verstärkten Maß aber auch beim auswärtigen Publikum Anklang. «Das ist für uns auch ein Vertrauensbeweis», sagt Birnbaum. Das Publikum wisse inzwischen, was beim Weill-Fest gezeigt werde, habe Qualität. «Das Weill-Fest ist eine Marke geworden, die also solche wahrgenommen wird. Das ist schön.»

Natürlich findet sich auch Altbewährtes beim 15. Jubiläumsfest. Im Pächterhaus und dem Kornhaus Dessau kann das Publikum Weill musikalisch-kulinarisch genießen. Es werden Filme gezeigt, das Bauhaus ist als Spielstätte ebenso mit dabei wie die Marienkirche. Obwohl Musikwissenschaftler Birnbaum inzwischen ausgewiesener Weill-Experte ist, gibt es auch für ihn noch Neues zu entdecken. So fand er über Umwege bislang unbekannte Fotos des in Dessau geborenen
Komponisten, aufgenommen von Eric Schaal. Gemeinsam mit Porträts von Musikzeitgenossen werden sie am Vorabend der offiziellen Eröffnung in einer Sonderaustellung des Weill-Zentrums gezeigt.

Grit Lichtblau
Musikgenre