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«Achtung, Klassik!»: Pianist und Dirigent Justus Frantz wird 75

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Hamburg - Justus Frantz kennen in Deutschland auch viele Menschen, die sich sonst nicht so sehr für Klassik interessieren: Schließlich war der umtriebige Dirigent und Pianist seit 1990 Gastgeber der Klassikfernsehsendung «Achtung, Klassik!» des ZDF, ab 2005 moderierte er zusammen mit Carmen Nebel die ZDF-Sendung «Klassik für alle» - und wurde so einem Millionenpublikum bekannt.

Nach einer lebensbedrohlichen Rücken-Entzündung im vergangenen Jahr ist es ruhiger geworden um den Gründer des Schleswig-Holstein Musikfestivals (SHMF) - doch zu seinem 75. Geburtstag am kommenden Samstag (18. Mai) blickt Justus Frantz schon wieder optimistisch in die Zukunft.

«Das Wesentliche zu erkennen, das ist das Entscheidende», sagt Frantz im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Heute sei er froh, dass es ihm gesundheitlich wieder gut gehe. «Mit 75 ist man ja auch kein Jungspund mehr. Aber ich fühle mich noch so, komischerweise», sagt der Musiker. «Vielleicht kommt das durch die Liebe zur Kunst, durch die Liebe zur Natur und mein Interesse an so vielen Dingen, dass mein Gehirn da permanent in irgendeiner Form gefordert wird.» Im Sommer werde er mit seiner Philharmonie der Nationen beim Schleswig-Holstein Musikfestival und beim Rheingau-Musikfestival auftreten.

Wie man auch in schwierigen Zeiten seinen Lebensmut nicht verliert, musste Frantz schon als kleiner Junge lernen. 1944 im westpreußischen Hohensalza (heute: Inowroclaw/Polen) geboren, floh seine Mutter mit ihm und den vier Geschwistern Ende des Zweiten Weltkriegs nach Norddeutschland. «Ich wäre fast erfroren, während Tiefflieger an uns vorbeiflogen», erzählte man ihm später. Sein Vater, ein Oberstaatsanwalt in Breslau, war vier Monate vor seiner Geburt an der Front gefallen. Freunde der Familie im holsteinischen Tesdorf machten den kleinen Justus mit der Musik vertraut, organisierten Hausmusikabende, stellten ein Kammerorchester zusammen.

Die Musik habe ihm auch geholfen über die schwere Nachkriegszeit hinwegzukommen. «Wir hatten nichts zu essen, hatten kein Geld für Schuhe - aber wir hatten die Musik, ein ganz großer Besitz.» Da er selbst kein Instrument spielen konnte, fühlte er sich ein wenig ausgeschlossen. «Das hat in mir den Ehrgeiz geweckt, auch dazuzugehören.» Sein vierzehnjähriger Sohn Justus Konstantin aus seiner zweiten Ehe mit der russischen Geigerin Xenia wird es da mal leichter haben: Er hat schon mit vier Jahren mit dem Klavierspielen angefangen und mehrere Preise bei Klavierwettbewerben gewonnen.

Nach seinem Studium an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater startete Frantz seine Weltkarriere. Der Durchbruch gelang ihm mit 26 Jahren als Pianist mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Herbert von Karajan. Sein Debütkonzert in den USA absolvierte Frantz 1975 bei den New Yorker Philharmonikern unter der Leitung von Leonard Bernstein, mit dem ihm eine lebenslange Freundschaft verband. Zusammen mit Christoph Eschenbach bildete Frantz zeitweise eines der berühmtesten deutschen Klavier-Duos. Ein besonderer Erfolg wurde die Schallplatte mit Mozarts C-Dur Tripelkonzert, bei dem auch der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) einen Part übernahm.

Zusammen mit dem Altkanzler und dem damaligen Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU) entstand auch die Idee zum Schleswig-Holstein Musikfestival, dessen Intendant Frantz 1986 wurde. Doch nach Querelen um ein Defizit in Millionenhöhe trat Frantz 1994 als Intendant zurück. Auch danach stand der Dirigent als Musikmanager öfter in der Kritik. 2001 sorgten Medienberichte über ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue und Konkursverschleppung im Zusammenhang mit seinem Orchester, der Philharmonie der Nationen, für Wirbel. Das Verfahren wurde 2003 gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Und im Oktober 2018 musste die World Peace GmbH, deren Geschäftsführer er früher war, einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Erfurt stellen.

 

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