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Die Rezension: Catalanis «La Wally» in Düsseldorf

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«La Wally» - Düsseldorfer Rheinoper präsentierte am Samstagabend ein sonst eher selten gezeigtes Stück

Düsseldorf (ddp-nrw). Lange war sie vergessen - kaum ein Musiktheater spielte hierzulande mehr «La Wally», die von Alfredo Catalani vertonte Fassung der «Geierwally», 1892 mit großem Erfolg in der Mailänder Scala uraufgeführt. Jetzt hat sich die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf der lange als Kitsch verschmähten Geschichte um die aufsässige junge Frau, die die Heiratspläne des Vaters ablehnt und in die Einsamkeit der Bergwelt flüchtet, angenommen - und nach dem rauschenden Premierenerfolg vom Samstagabend könnte «La Wally» dieses Mal wieder endgültig auf die Bühnenbretter zurückgekommen sein.

Die Story ist in ihren Grundzügen schnell erzählt: Wally, Tochter eines reichen Bauern aus Sölden im Ötztal (dort, wo heutzutage auf den Gletschern der Ganz-Jahres-Skilauf gepflegt wird) widersetzt sich dem Vater, dieser verstößt sie daraufhin und sie flüchtet in die Berge. Nach dem Tod des Vaters kommt sie ins Dorf zurück, versucht vergeblich die Liebe des Jägers Hagenbach zu gewinnen und bietet schließlich aus zutiefst verletztem Stolz dem Nebenbuhler Gellner ihre Hand für den Tod Hagenbachs. Dieser wird in den Abgrund gestoßen, aber gerettet, und Wally und Hagenbach können sich endlich ihre immerwährende Liebe gestehen - als die Lawine heranrollt, Hagenbach in die Tiefe reißt und Wally sich verzweifelt ihm nach in den Abgrund stürzt.

Hatte schon Catalani das Happy-End der Romanvorlage ebenso wie das Motiv der Nesträuberin verschmäht, kommt die Inszenierung des französischen Regisseurs Nicolas Joel völlig ohne das Berg- und Gletscherkolorit aus. Erzählt wird vielmehr das spannende Psychodrama einer Außenseiterin, die sich der Tradition und den Dorfgebräuchen widersetzt und deshalb in die Isolation getrieben wird. Schon im Bühnenbild (Andreas Reinhardt) gibt es keinerlei Alpenidyll - zwei sich kreuzende Laufstege bilden die zentralen Achsen, daneben drehen sich bunt blinkende Karussells, die Bühnenwände sind offen bis zur Mauer.

Alpenländisch sind lediglich die Kostüme des vielbeschäftigten Chors - Wally tritt erst im weißen langen Brautkleid, danach barfuss im Pelzmantel auf. Im zentralen Kusstanz gelingt Joel das Knistern zwischen seinen überzeugenden Sänger-Darstellern Wally (Morenike Fadayomi mit strahlendem, nuancenreichem Sopran und packendem, fulminantem Spiel), Hagenbach (Aleksandrs Antonenko mit schönem hellem Tenor), Gellner (Boris Statsenko mit kräftig strömendem Bariton) und dem Voyeurismus der Dorfbewohner.

In der anrührenden Schlussszene zwischen Wally und Hagenbach donnert dann auch die Lawine nur musikalisch ins Tal, Lichteffekte, bar jedes Realismus, sind ein zumindest gleichwertiger Ersatz für die «Senta im Schnee». Wally allerdings stürzt in Düsseldorf ihrer Lebens-Liebe nicht hinterher, sondern bleibt bis zum Niedergehen des Vorhangs auf der Bühne.

Hinter der packenden Inszenierung und den ausdrucksstarken Sängern trat das prägnante Dirigat des Österreichers Alexander Joel nicht zurück. Mit den Düsseldorfer Symphonikern setzte er die veristische farbenreichen Harmonik mit ihren dramatischen Ausbrüchen genauso gekonnt um wie die mitschwingenden romantischen Elemente der Partitur. Das Publikum zeigte sich von den Sängern und dem Orchester begeistert, das Regieteam unter Nicolas Joel wurde mit Bravo- und Buh-Rufen gleichermaßen bedacht.

Axel Göritz

(Nächste Vorstellungen 4., 7., 11., 15., 22. Mai)

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