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Kulturaustausch à la McFerrin, hier zusammen mit Victoria Hanna in Tel Aviv. Foto: Susanne van Loon
Bobby McFerrin, hier zusammen mit Victoria Hanna in Tel Aviv. Foto: Susanne van Loon
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«Don't Worry, Be Happy» als Türöffner - Bobby McFerrin zum 70.

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Berlin - «Don't Worry, Be Happy» - wer kennt sie nicht, diese federleichte Melodie mit dem aufmunternden Text? Bobby McFerrin singt in seinem «kleinen Lied» darüber, dass es im Leben immer mal Probleme geben kann, zu viele Sorgen aber alles nur doppelt schwer machen. Das A-Capella-Stück spendet seit über 30 Jahren Zuversicht - und es hat den afroamerikanischen Sänger mit den Rasta-Locken zum Weltstar gemacht. Heute wird der zehnfache Grammy-Gewinner, eine seltene Multi-Begabung in Jazz, Pop und Klassik, 70 Jahre alt.

Wer McFerrin im Konzert erlebt hat, kann nachvollziehen, dass der Riesenerfolg von «Don't Worry, Be Happy» (Platz 1 der Single-Charts in den USA und Deutschland) Segen und Fluch zugleich war. Denn das fingerschnipsende, gepfiffene, mit warmem Bariton vorgetragene Gute-Laune-Liedchen droht bis heute die vielfältige Karriere eines Vokalvirtuosen mit atemberaubenden Live-Qualitäten zu überdecken.

McFerrin gehöre «zu den unverwechselbarsten und originellsten Sängern der zeitgenössischen Musik», schreibt das Internetlexikon Allmusic. «Sein oktavenüberspringender Stil mit Wechseln zwischen Falsett und tiefen Bassnoten klingt oft nach dem Werk von mindestens zwei oder drei Sängern, und zugleich ziemlich einmalig.»

Das Talent war ihm in die Wiege gelegt - als in New York geborener Sohn von Robert McFerrin, dem ersten schwarzen Opernsänger an der Met, und dessen Ehefrau Sara, einer Sopranistin und Professorin für Gesang. Der kleine Bobby hörte schon im Elternhaus gut zu, erhielt mit sechs Jahren Klavierunterricht, lernte auch Klarinette und Flöte.

Sein enormes Talent als Sänger entdeckte McFerrin erst mit 27 Jahren in der Band Astral Projection. Dass er zunächst niedrigschwellig in verschiedenen Musiker-Jobs und Lounge-Bars unterwegs war, wertete er später in einem «Jazz Report»-Interview als Vorteil: «Ich glaube, heute hätte ich dazu keine Lust mehr. Aber ich kann es jetzt als Entwicklungsschritt und wertvolle Erfahrung sehen.»

Ein Auftritt beim Kool Jazz Festival von 1981 brachte ihm einen Vertrag mit der Plattenfirma Elektra. Nun war Bobby McFerrin nicht mehr aufzuhalten. Auf das Solodebüt folgten in den 1980ern Kollaborationen mit Jazz-Größen wie Chick Corea, Chico Freeman oder Jack DeJohnette. Das selbstbewusst betitelte Sologesangs-Album «The Voice» (1984) und - erstmals auf dem legendären Label Blue Note - «Spontaneous Inventions» mit Herbie Hancock und The Manhattan Transfer manifestierten seinen Ruf.

«Simple Pleasures» (1988) enthielt den liebenswerten Superhit «Don't Worry, Be Happy» und weitere Eigenkompositionen, in denen McFerrin seine Vokalakrobatik noch besser präsentieren konnte. Hinzu kamen Interpretationen von «Drive My Car» (The Beatles) oder «Sunshine Of Your Love» (Cream). Mit einem ganz eigenen Programm zwischen Jazz und Pop war der Sänger im Mainstream angekommen. Um diese Zeit gründete er die zehnköpfige A-Capella-Gruppe Voicestra.

Längst war McFerrins freier Gesangsstil von Fans und Musikkritikern als Phänomen anerkannt - er selbst spielte seine besondere Gabe indes gern herunter. «Man muss nur seinen Mund öffnen und singen - und immer in Bewegung bleiben», sagte er 2018 der US-Zeitung «Star Tribune». «Der wichtigste Teil von Improvisation ist Bewegung.»

McFerrins Klassik-Jahre, die ihm zusätzliche Bewunderung eintrugen, begannen 1992 mit «Hush», einer Zusammenarbeit mit dem Cellisten Yo-Yo Ma für Sony Classical. Aufs Hochkultur-Terrain kehrte der Mittvierziger 1995 mit «Paper Music» zurück - als Dirigent des ihm alsbald anvertrauten Saint Paul Chamber Orchestra in Minnesota.

«Das war eine wunderbare Zeit meines Lebens, ich habe sie sehr genossen», erinnerte sich McFerrin später. «Aber ich würde mich nie als Dirigenten bezeichnen. Ich war ein Sänger, der dirigiert.» Bei aller Bescheidenheit: Am 25. Mai 2004 leitete dieser stets furchtlose Musiker bei einem EU-Festakt die weltberühmten Wiener Philharmoniker.

McFerrins Karriere mündete in den vergangenen Jahren zwar in ruhigere Fahrwasser - seinen Status als Kritikerliebling hat er aber auch mit Gesangsalben wie dem hochambitionierten «VOCAbuLarieS» (2010) behalten. Zuletzt erschien «Spirityouall» (2013): eine Verbeugung vor seinem Vater, dessen Platte «Deep River» 1957 die «Negro Spirituals», also afroamerikanischen Gospel, in die E-Musik transportiert hatte.

Bobby McFerrin hat seine Musikalität selbst weitergegeben - nicht nur als Hochschuldozent, sondern auch an drei talentierte Kinder aus der Beziehung mit seiner Ehefrau Debbie. Und was wurde aus dem Welthit? Nach eigener Aussage hat er «Don't Worry, Be Happy» schon lange nicht mehr gesungen - weil es von der Republikanischen Partei ohne seine Erlaubnis in einer Präsidentschaftskampagne missbraucht worden sei. «Immer mal wieder, wenn ich improvisiere, stimme ich das Thema an», verriet McFerrin. «Aber dann lasse ich es schnell wieder bleiben.»

 

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