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Fernsehtipp: «Koste es, was es wolle!» - Doku über Kulturindustrie

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Berlin - Gehört der Feuerlöscher noch zur Ausstellung? Kann Crowdfunding einen Musiker retten? Wie wird Kunst zum Zugpferd einer Stadt? Die Dokumentation «Kultur - Koste es, was es wolle!» macht einen Querschnitt durch die Theater-, Kunst- und Musikindustrie in europäischen Städten. Künstler und Kulturexperten sprechen über Chancen, aber auch den ewig drückenden Schuh der Geldnot. Arte strahlt das Ganze am Mittwoch (16.9., 21.50 Uhr) aus.

Die französische Stadt Nantes hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ein neues Standbein geschaffen: Kunst und Tourismus. In den 1980er Jahren, so beschreibt es die Dokumentation, fielen mit der Werftenkrise viele Arbeitsplätze weg. Ein neues Image musste her.

Der Kulturmanager der Stadt, Jean Blaise, sagt rückblickend: «Unsere Idee war, große internationale Künstler hierher kommen zu lassen. Sie kreieren dann ihre Werke hier. Somit geben sie diesen Orten einen Sinn oder ziehen einen Sinn aus diesen für ihr Werk.» Kultur habe einen entscheidenden Einfluss auf das Image einer Stadt.

Den Wert von Kunst beschreibt Blaise so: «Kunst ist wie Gymnastik am Morgen. Die Gymnastik macht den Körper elastisch und Kunst macht den Geist elastisch.» An vielen Orten in der Stadt sind Kunstobjekte im Freien zu sehen. Zum Beispiel gibt es bunte Leuchtröhren-Kreise an einer Brücke oder ein nachempfundenes Riesentierskelett.

Amsterdam. Ein Tanztheater muss den Gürtel enger schnallen, seitdem staatliche Förderungen in Millionenhöhe weggefallen sind. Wie weitermachen? Dutzende verloren ihre Jobs. Das Theater entschloss sich, das Gebäude zu verkaufen. Jetzt lebt es von diesem Geld - noch. Tänzer und Theaterleitung berichten, wie sie mit diesen Unwägbarkeiten zurechtkommen.

Die rund 50 Minuten lange Dokumentation von Reinhild Dettmer-Finke beleuchtet zahlreiche Aspekte der Kulturindustrie, vielleicht den ein oder anderen zu viel. Sehr häufig wechseln die Orte und die Themen. Viele Fragen werden aufgeworfen, kleine Denkanstöße gegeben.

Unter anderem geht es in das Berliner Museum für Gegenwart «Hamburger Bahnhof». Dort gibt es ein Gespräch mit einem Wissenschaftler für ästhetische Bildung rund um die Frage, was zeitgenössische Kunst ausmacht. Eine Opernsängerin macht sich andernorts Gedanken darüber, wie zeitgemäß noch bürgerliche Hochkultur ist.

Und eine Musikerin erzählt, wie sie versucht, über Crowdfunding ihre Platte zu finanzieren. Sie geht dafür in die U-Bahn und singt. Fahrgäste machen Selfies und tanzen.

Der US-amerikanische Dirigent Kent Nagano setzt einen schönen Schlusspunkt: «Was hält denn unsere Gesellschaft zusammen, wenn nicht ein gemeinsames Wertesystem? Wenn wir das nicht haben, was hält dann unsere Gesellschaft zusammen? Sicher nicht die Welt der Finanzen.»