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Keine heile Welt - Hans Well und das Ende der «Biermösl Blosn»

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München - Seine beiden Brüder Michael und Christoph («Stofferl») waren schneller - doch auch Buch Nummer zwei über die «Biermösl Blosn» aus der Feder von Hans Well liefert noch jede Menge Neues über die einzigartige Karriere der 2012 aufgelösten bayerischen Kultband.

 

 Während der zuerst erschienene Band überwiegend aus Gastbeiträgen besteht, lässt Hans Well mit Franz Kotteder als Co-Autor die 35-jährige Erfolgsgeschichte des Trios aus eigener Anschauung Revue passieren - und räumt mit dem Heile-Welt-Bild einer Großfamilie im Nachkriegsdeutschland auf.

  Der ältere der «Biermösl»-Brüder schildert zunächst seine nicht immer unbeschwerte Kindheit im Hause Well. Mutter Traudl brachte beinahe im Jahresabstand 15 Kinder auf die Welt, alle musikalisch erzogen und alle in das von Vater Hermann mit strenger Hand organisierte öffentliche Familienmusizieren eingebunden. Hans Well, bei seinen Freunden noch heute der «Hansi», schont in seinen Erinnerungen weder Eltern noch Geschwister. So schreibt er, dass die musikalischeren Kinder das bessere Essen bekamen: «Wertschätzung erfuhr, wer wichtig für die Familie war.»

  Auch die lange totgeschwiegene Nazi-Vergangenheit seines Vaters thematisiert der Autor in dem Buch. Entgegen seinen Beteuerungen sei Hermann Well nachweislich NSDAP-Mitglied gewesen, schreibt der Sohn sich 70 Jahre danach von der Seele. Er schildert aber auch, wie sehr er seinen Vater als Kind verehrte, ja richtiggehend liebte.

  Ausführlich schildert Hans Well die ersten Erfolge des Trios in der Münchner Kleinkunstszene, etwa in der Kneipe «MUH», der Abkürzung für musikalisches Unterholz: «Das war genau der Humus, auf dem sich so was wie die "Biermösl Blosn" entwickeln konnte.»

  Nach der kurzweiligen Schilderung der 35 Jahre währenden Karriere der Band mit Auftritten bis in Afrika beschreibt der mittlerweile 60-Jährige, wie es zum Aus der «Biermösl Blosn» kam. Seine beiden Brüder hätten schlicht keine neuen Programme mehr einstudieren wollen: «Die Zeit bis zum Aufhören war eine Qual. Immer die gleichen Ansagen, das gleiche Programm, immer der gleiche Wortlaut.»

  Das Ende ist bekannt: Am 19. Januar 2012 hatte die «Biermösl Blosn» ihren letzten Auftritt. Hans Well macht unter dem Namen «Wellbappn» mit seinen Kindern weiter, Michael und Stofferl Well treten mit den «Wellküren»-Schwestern und Bruder Karl auf – sinniger Titel: «Fein sein, beinander bleibn». Dazu passend gesellt sich manchmal die 93-jährige «Mutti» Traudl an der Zither dazu.

 

Franz Kotteder / Hans Well
35 Jahre Biermösl Blosn
Verlag Antje Kunstmann
336 Seiten
erschienen im April 2013

ISBN 978-3-88897-823-4


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