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Münchener Stadtrat vergibt Musikstipendien und Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreise für Musik

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Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hat in seiner Kulturausschusssitzung vom 14.6. das Votum der Jury bestätigt, die mit 6.000 Euro dotierten Stipendien für Musik der Landesauptstadt München 2012 an Judith Egger, Geoffrey Goodman und an Carola Grey zu vergeben. Beschlossen wurde weiterhin die Vergabe von zwei Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreisen für Musik in Höhe von jeweils 3.000 Euro an Anna Korsun und an das Gitarrenduo steuber.öllinger (Johannes Öllinger und Martin Steuber).

Der Jury gehörten an: Ralf Dombrowski (Musikjournalist), Anja Lechner (Musikerin), Ute Legner (Festivalleiterin), Maria-Luise Mayr (Festivalleiterin), Mathis Mayr (Musiker), Mathis B. Nitschke (Komponist) und aus dem Stadtrat Dr. Reinhard Bauer (SPD), Haimo Liebich (SPD), Marian Offman (CSU), Elisabeth Schmucker (CSU) und Thomas Niederbühl (Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste).

Jurybegründungen

Stipendien für Musik 2012

Judith Egger
Musik-Theater ist Theater, das von der Musik aus gedacht wird. Die verwendeten Elemente können dabei losgelöst von jeglichen rein musikalischen Erwartungs-haltungen bildnerischer, performativer und textlicher Natur sein. Die Komposition der einzelnen Elemente und ihre Entwicklung folgen dabei einer musikalischen Logik: einer Logik, die sich aus der Intuition, Ausbildung und Erfahrung des Musikers speist.
Wenn nun eine bildende Künstlerin wie Judith Egger den ursprünglichsten aller musikalischen Resonanzräume, nämlich die menschliche Mundhöhle, als Bühnenraum bespielen möchte, dann ist dies Musik-Theater in Reinstform. Das tibetische Wort "Bardo", der Titel ihres Projekts, bezeichnet einen Zwischenzustand oder auch Schwebezustand. Die geöffnete Mundhöhle ist ein Ton in der Schwebe. Diesen Ton im Schwebezustand will Egger nun in fünf kleinen Miniaturperformances bespielen und interpretieren, gedüngt vom "Klangkompost" des Klangkünstlers Michael Northam (so bezeichnet er selbst seinen Sound).
Die Jury empfiehlt die Vergabe eines Musikstipendiums der LH München an Judith Egger und wartet gespannt auf die Realisierung dieses überaus originellen und ambitionierten Konzepts.


Geoffrey Goodman
Die Geschichte der Musik ist eine Geschichte der Wanderungen. Menschen nehmen ihre Lieder mit auf die Reise, manchmal freiwillig, oft aber auch als Fluchtgepäck in Zeiten von Krieg, Gewalt, Vertreibung. Der Gitarrist Geoff Goodman spürt gemeinsam mit seinem Kollegen Ardhi Engl solchen Migrationswegen der Klangkulturen nach und entwickelt zusammen mit ihm daraus das Projekt „Metal, Wood and Wire“. Im Zentrum stehen Musikimporte aus Südosteuropa und Kleinasien ins New York des frühen 20. Jahrhunderts, die mit dem umfangreichen Instrumentarium des Duos an die Gegenwart geknüpft werden. Darüber hinaus werden zahlreiche weitere Einflüsse hinzukommen, da beide Künstler auf einen umfassenden Erfahrungshorizont im Umgang mit internationalen Musikkulturen zurückgreifen können. Geoff Goodman, geboren in New York und seit 1986 in München, hat in eigenen Gruppen wie der „Misery Loves Company“, „Tabla and Strings“ oder auch „Curiosities of Nature“ mit Stil-Impulsen von Griechenland über Indien und Bali bis Japan experimentiert.
Ardhi Engl wiederum ist nicht nur ein Klangtüftler und Soundarchäologe, der viele seiner Instrumente selbst baut, sondern auch durch zahlreiche Theater-, Sprach- und Improvisationsprojekte als versierter Avantgardist in der Szene präsent. Gemeinsam verkörpern sie die passende Mischung aus Umsicht und Intuition, Fachkompetenz und Spielfreude, um aus „Metal, Wood and Wire“ ein Musikprogramm werden zu lassen, das mit Blick auf die Ursprünge euroamerikanischer Stilfusionen weit über
die Grenzen der Vorlagen hinausreicht.


Carola Grey
Die Schlagzeugerin und Komponistin Carola Grey hat sich Großes vorgenommen: ein Projekt, in dem sich südindische Klassik und zeitgenössischer Jazz auf Augenhöhe begegnen – nicht nur in der Musik, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene.
Die Faszination, die westliche Musiker der klassisch indischen Musik schon seit Jahrzehnten entgegenbringen, erreicht mit ihrem Projekt eine neue Dimension, auch logistischer Art – denn am Ende werden über 20 Musikerinnen und Musiker aus den beiden Kontinenten miteinander auf der Bühne stehen.
Für ihr Projektvorhaben hat Carola Grey bereits beträchtliche Vorarbeit geleistet; sie hat Partner mit ins Boot geholt, unter anderem das Goethe-Institut, und hat eine CD produziert, die teils im Studio und teils unter Einbindung des Internet entstanden ist.
Carola Greys neuestes Vorhaben baut auf dieser soliden Arbeitsbasis auf, und es ist zu erwarten, dass das Konzert, für das sie die Musik entwickelt und das in Indien als Abschluss des indisch-deutschen Jahres sowie in München zu hören sein wird, nicht nur die hohe musikalische Qualität ihrer Arbeit und die ihrer Mitmusiker widerspiegeln, sondern auch den Hörern ein besonderes musikalisches Erlebnis bieten wird.


Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreise für Musik 2012

Anna Korsun
Frau Korsun (Jahrgang 1986) ist seit 2010 Teilnehmerin des Masterstudiengangs Komposition an der Hochschule für Musik und Theater in München. Schon bei ihrer Aufnahmeprüfung waren sich die Professoren über ihre außergewöhnliche Begabung einig. Im Empfehlungsschreiben ihres Professors heißt es: „Anna Korsun geht einen musikalisch im besten Sinne sehr eigenen Weg – sie hört sehr genau in die Klänge hinein und versucht, die feinsten Schattierungen zwischen den Tönen zu realisieren.“
Frau Korsun hat der Musikstipendienjury nun ein Kammerkonzertprogramm mit Kompositionen junger talentierter Künstler aus Osteuropa mit dem Titel „Evening of low music - östliches Europa für das westliche Europa” vorgelegt, für das sie selbst ein neues Stück beisteuern will. Den Begriff „low music“ versteht Frau Korsun mehrdeutig: Auf der einen Seite bezeichnet dies eine Besetzung, die auf Instrumente mit „tiefem“ Umfang begrenzt ist, auf der anderen Seite kann dieses Wort zu dem humorvollen „Missverständnis“ führen, dass Musik von niedrigem sozialem Niveau oder minderer Qualität assoziiert wird.
Die Jury spricht sich aufgrund der hohen Qualität der vorgelegten Stücke von Frau Korsun dafür aus, sie mit einem Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Musik auszuzeichnen, um sie auf ihrem kompositorischen Weg zu unterstützen. Vielleicht kann der Preis auch dazu beitragen, dass sie das geplante Konzertvorhaben realisieren kann.

Gitarrenduo steuber.öllinger
Das Duo steuber.öllinger (Johannes Öllinger und Martin Steuber) beeindruckt nicht nur durch präzises und virtuoses kammermusikalisches Spiel, sondern vor allem auch durch innovative Interpretationen. Die beiden Gitarristen übernehmen dabei nicht einfach Spieltechniken, die auch schon in der Neuen Musik tradiert sind, sondern beginnen quasi 'bei null', indem sie den musikalischen Ausdruck in den Vordergrund stellen und dafür adäquate Techniken suchen und neu erfinden. Besonders gefiel der Jury auch das Interesse der beiden Gitarristen an ihren Komponistenkollegen, die sie um neue Stücke bitten möchten.

Mit dieser Ernsthaftigkeit leisten Martin Steuber und Johannes Öllinger nicht nur dem zu Unrecht belächelten Image der klassischen Gitarre einen grossen Dienst, sondern bereichern das Münchner Musikleben nachhaltig. Deswegen empfiehlt die Jury die Vergabe eines Ida Wolf-Gedächtnispreises an das Duo steuber.öllinger und freut sich auf anregende Konzerte.
 

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