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Vom Seaboard bis zur Greenline: Was es auf der Musikmesse 2016 alles gibt. Foto: nmz
Musikmesse auf neuem Kurs in stürmischen Zeiten. Foto: nmz
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Musikmesse auf neuem Kurs in stürmischen Zeiten

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Frankfurt am Main - Im Internet-Zeitalter haben Produktvorstellungen auf Fachmessen ihren Reiz verloren. Das gilt auch für die Frankfurter Musikmesse. Europas größte Schau für Musikalien und Musikinstrumente hat sich neu positioniert - auch wegen der Konkurrenz aus Übersee.

Die Besucherzahlen der vergangenen Jahre können sich immer noch sehen lassen. Etwa 110 000 Musikalienhändler, Hersteller, Vertriebsmitarbeiter und Musikinteressierte besuchten zuletzt die Frankfurter Musikmesse und ihre Schwester-Messe, die Prolight + Sound. Eine stattliche Zahl. Dennoch steht der vor 37 Jahren ins Leben gerufene Branchentreff (5. bis 8. April) in der Kritik: zu wenig attraktive Aussteller, zu wenig Fachhändler. Dazu kommt: Viele der vorgestellten Produktneuheiten konnte man Anfang des Jahres im kalifornischen Anaheim während der Fachmesse NAMM-Show bestaunen. Was nun, Musikmesse?

«Die Musikinstrumentenbranche ist geprägt von Marktkonzentration auf Hersteller- wie auch auf Händlerseite. Allein in Deutschland hat sich die Zahl der Händler seit 2004 um rund ein Drittel reduziert», sagt Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt. Gleichzeitig lege die Zahl der digitalen Anbieter überdurchschnittlich zu. Die Folgen: Preiskämpfe im Internet und schrumpfende Margen.

«Solche Marktentwicklungen spiegeln sich auch auf der Messe wider», sagt Braun. Unter anderem in «neuen Anziehungspunkten». Er meint damit etwa Seminare für Händler, ein rund 200 Konzerte zählendes Rahmenprogramm sowie Foren für Themen wie Musiktherapie und Musikerziehung. «Wir wollen mit unserer Veranstaltung gleichermaßen Branchenprofis, Musiklehrer, erfahrene Musiker und musikalische Einsteiger ansprechen», erklärt Braun. Ein Spagat, der nicht bei allen Marktteilnehmern gleichermaßen gut ankommt.

Während sich ein Teil der Aussteller die Messe als reine Fachmesse wünscht, favorisieren Firmen wie der - nicht auf der Messe vertretene - Gitarrenhersteller Fender die pure Endverbraucher-Messe. Ralf Benninghaus-Fliedner, General Manager bei Fender Musical Instruments, findet deutliche Worte: «Heute präsentieren Firmen ihre neuen Produkte nicht zwingend auf einer Messe, sondern dann, wenn sie fertig sind. Für Händler hat die Messe deshalb an Relevanz verloren.»

Zwei Philosophien - eine Lösung. Die Musikmesse ist mittlerweile beides, sowohl Fach- als auch Endverbrauchermesse. Detlef Braun sagt dazu: «Die Musikmesse soll Begeisterung fürs Musikmachen wecken, festigen und die emotionale Bindung an das Instrumenten stärken.» Mit «Discover Music» hält man beispielsweise für alle Neueinsteiger ein Areal bereit, in dem sich Anfänger an den verschiedensten Instrumenten ausleben dürfen.

Ein Angebot, das beim Fachhandel eigentlich auf Zuspruch stoßen sollte. Schließlich ist jeder Gitarrenanfänger potenziell ein neuer Kunde. Doch der Markt ist heiß umkämpft - und dazu von einigen wenigen Branchen-Größen gnadenlos dominiert: Im Jahr 2014, so bilanzierte das Statistische Bundesamt, erwirtschafteten nur acht deutsche Händler knapp die Hälfte des gesamten Branchenumsatzes von 1,2 Milliarden Euro. 1611 Händler - von insgesamt 1858 im Jahr 2014 - mussten sich dagegen das kleine Umsatz-Kuchenstück von 18 Prozent teilen.

Kein Wunder, dass viele Händler wirtschaftlich darben und die nicht unerheblichen Kosten für einen Messe-Besuch scheuen. Vielleicht aber auch, weil die Musikmesse ein für Händler wichtiges Argument eingebüßt hat: attraktive Messeangebote. «Viele Lieferanten bieten dem Handel schon vor und auch nach der Messe besondere `Messeangebote' an. Das schadet der Motivation, nach Frankfurt zu fahren», sagt Arthur Knopp, Präsident des Gesamtverbands Deutscher Musikfachgeschäfte (GDM). Zudem knabberten Hausmessen der Vertriebe - mit Sonderangeboten und Lagerabverkauf - an der Kernkompetenz der Musikmesse.

Dennoch: Für Knopp ist der Besuch der Musikmesse ein Muss für jeden Fachhändler. «Es geht heute nicht mehr nur um das pure Geschäft. Genauso wichtig sind die Netzwerke, die man auf der Messe spinnen kann, und die Informationen, die man sich in Seminaren und Vorträgen holen kann. Das Geschäft hat sich einfach verändert.» Und damit auch die Musikmesse Frankfurt.