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Negativentwicklung geht an die Substanz der Musikschule

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Gemünden. Die Gebühren steigen, die Belegung sinkt – Ausbildung nur noch für besser Verdienende? Einen deutlich vernehmbaren Hilferuf hat Mathias Weis gesendet: Wegen der schwierigen Finanzlage drohe unweigerlich das Aus, so der Leiter der Sing- und Musikschule Gemünden in der Hauptversammlung des Trägervereins.

Ob diese Warnung bei den Verantwortlichen in Rathaus und Stadtrat Wirkung zeigen wird, ist aber mehr als fraglich. Denn in den letzten Jahren wurde die finanzielle Unterstützung der Musikschule immer weiter gekürzt. Da es sich um eine freiwillige kommunale Leistung handelt, besteht für die Stadt auf diesem Gebiet keinerlei Verpflichtung.

In den Spardebatten wurde deutlich, dass der Stadtrat nur eingeschränkt hinter der Musikschule steht und deren Schließung notfalls in Kauf genommen wird. Wie andere öffentliche Einrichtungen in der Stadt verursacht die Musikschule Folgekosten und Defizite, die in ihrer Gesamtheit von der ohnehin finanzschwachen Stadt auf Dauer nicht getragen werden können.

In der Spardebatte wurde versäumt, klare Schwerpunkte zu setzen. Statt dessen wurde querbeet der Rotstift angesetzt, wobei die Musikschule nun vor der Existenzfrage steht, so schildert es jedenfalls ihr Leiter Mathias Weis. Auch wenn es wohl nicht zu einer sofortigen Schließung kommt, so ist doch schon jetzt eine Schieflage eingetreten, unter der wahrscheinlich auch die Qualität der musikalischen Ausbildung leidet.

Bei sinkenden Zuschüssen der öffentlichen Hand muss die Musikschule zum einen ihr Angebot einschränken, um Kosten zu senken. Andrerseits müssen die Gebühren erhöht, das heißt die Eltern und Schüler stärker belastet werden. Dies wiederum führt zu einer Reihe von Problemen, die bei der Gemündener Musikschule exemplarisch zu Tage treten.

Obergrenze der Belastbarkeit


Demnach sind die Obergrenzen der Belastbarkeit durch Gebühren erreicht. Schon jetzt können sich manche Familien die musikalische Ausbildung nicht mehr leisten, wodurch Bevölkerungskreise mit niedrigerem Einkommen ausgeschlossen werden. Folgen: Die Schülerzahl nimmt spürbar ab und die Musikschule wird zu einer Einrichtung für besser Verdienende. Dies wiederum verstärkt den Erfolgsdruck auf die Lehrer nach dem Motto: wenn schon so hohe Gebühren, dann muss auch die Leistung gesteigert werden.

Wie stark Gemünden von der Norm abweicht, verdeutlichen die Zahlen im jüngsten Tätigkeitsbericht. So wird die Jahreswochenstunde an der hiesigen Musikschule zu 67,7 Prozent von den Eltern finanziert (Landesdurchschnitt: 42,8 Prozent); während die Stadt nur 24,61 Prozent der Kosten trägt (Landesdurchschnitt: 46,8 Prozent). Der Staat beteiligt sich mit zirka acht Prozent.

Den direkten Zusammenhang zwischen Gebühren und Belegung der Musikschule machen die Zahlen deutlich. In den letzten zwei Jahren wurde versucht, durch »Optimierung der Gebührenstruktur« höchstmögliche Einnahmen zu erzielen. Doch zugleich gingen 2000 und 2001 die Belegungen und Wochenstunden an der Musikschule erstmals zurück – und zwar drastisch.

2001 wurde eine Rekordeinnahme bei den Gebühren von 295 070 Mark verbucht; aber die Belegungen gingen von 2000 auf 2001 um 127 auf 354 zurück. Bei den Wochenstunden ergab sich ein Minus von 34 auf 149. Eine solche Entwicklung geht an die Substanz und wirkt sich auch negativ auf die Rolle der Musikschule als Arbeitgeber aus. Ferner sind im laufenden Schuljahr schon einige Fachbereiche weggefallen.

Die Musikschule und mit ihr auch die Stadt Gemünden haben einen guten Ruf zu verlieren. Denn durch Konzerte und Mitwirkung in vielen Ensembles haben sich Lehrer und Schüler in den letzten Jahren einen klangvollen Namen gemacht.
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