Hauptrubrik
Banner Full-Size

Rostock liest Kempowski - Lesewoche mit Dutzenden Veranstaltungen

Publikationsdatum
Body

Rostock (ddp-nrd). Unter dem Motto «Eine Stadt liest ein Buch» wird der Schriftsteller Walter Kempowski genau ein Jahr nach seinem Tod zum «Stadtgespräch» in Rostock. Nach einem Gedenkgottesdienst am gestrigen Sonntag steht ab heute Kempowskis Roman «Aus großer Zeit» eine Woche lang im Mittelpunkt Dutzender literarischer Veranstaltungen.

Damit erinnere die Stadt an ihren im vergangenen Jahr gestorbenen Ehrenbürger Kempowski, der 1929 in Rostock geboren wurde, teilten die Organisatoren vom Kempowski-Archiv und Literaturhaus mit. Der Roman «Aus großer Zeit» spiegele Rostocker Stadtgeschichte von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg wider, erzähle vom Auf und Nieder des Theaters und großer Reederfamilien, sagte Martina Bade vom Rostocker Kulturamt. Die Geschichten seien nicht nur interessant für die ohnehin große Kempowski-Leserschaft, sondern für alle Rostocker. «Man kann eintauchen in die alte Stadt und erlebt eine Vielzahl von Schauplätzen der Kempowski-Bücher neu», sagte Bade.

   Ziel der Aktion sei, das Buch zum Gemeinschaftserlebnis werden zu lassen. Dafür seien Lesungen an ungewöhnlichen Orten wie Straßenbahn oder Arztpraxis, Malaktionen nach den Collagen von Kempowski, Theater- und Musikaufführungen und Ausstellungen geplant. Sammler sind aufgerufen, auf einem Markt ihre schönsten Stücke zur Rostock-Geschichte zu präsentieren. Historiker erzählen von der Geschichte Rostocker Reedereien, Ausstellungen zeigen alte Fotos. Die Aktion «Eine Stadt liest ein Buch» findet zum ersten Mal in Mecklenburg-Vorpommern statt. Unterstützt wird sie vom Landesverband Nord des Deutschen Börsenvereins des Buchhandels.


Acht Daten zu Leben und Werk von Walter Kempowski
- Walter Kempowski wurde am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Er starb am 5. Oktober 2007 im niedersächsischen Rotenburg (Wümme)

- Nach dem Krieg, den er als 15-jähriger Luftwaffenkurier erlebte, suchte er Arbeit in Hamburg und Wiesbaden

- 1948 wurde er während eines Besuchs bei seiner Mutter in Rostock vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet und von einem Militärtribunal zusammen mit seinem Bruder wegen Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt

- In seinem ersten Werk «Im Block. Ein Haftbericht» (1969) illustriert Kempowski die acht Jahre Haft von 1948 bis 1956 in Bautzen, nach der Haftentlassung folgte er seiner Mutter, die inzwischen in Hamburg lebte

- In «Das Echolot» fasst er als «kollektives Tagebuch» in zehn Bänden fünf Jahre deutsches Zeitgeschehen von 1941 bis 1945 anhand von Briefen, Tagebüchern, Bildern und Aufzeichnungen zusammen, von Kempowski selbst stammt nur das Vorwort

- Neben dem «Echolot» und der «Deutschen Chronik» (Band I bis IX, erschienen von 1971 bis 1984) stehen 35 weitere Werke in der Bibliografie, hinzu kommen fünf unveröffentlichte Werke aus den Jahren 1958 bis 1963

- Für den Herausgeber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», Frank Schirrmacher, ist das «Echolot» eine der «größten Leistungen der Literatur unseres Jahrhunderts»

- Bundespräsident Horst Köhler nannte Kempowski einen «Volksdichter», der «wie kein anderer das Volk selbst zum Sprechen gebracht hat»

 

Ort