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Das Ruhrfestspielhaus. Foto: Presse, Ruhrfestspiele
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Ruhrfestspiele starten durch mit «Poesie und Politik»

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Recklinghausen - Die Zeit der Steinkohle ist vorbei. Und was nun? Die Ruhrfestspiele brechen auf in eine veränderte Zukunft, sagt der neue Intendant Olaf Kröck. Gleich zu Beginn bereitet das Festival den Menschen in Recklinghausen eine große Bühne mitten in der Stadt.

Die Ruhrfestspiele in Recklinghausen beginnen mit einem Kulturvolksfest am Tag der Arbeit, das ist Tradition. Schließlich geht das traditionsreiche Festival auf den Deal «Kunst für Kohle» zurück, als in einem harten Nachkriegswinter Bergleute die Kohle zum Heizen der Theater besorgten. Seit diesem Jahr ist der Steinkohlebergbau vorbei. Die Ruhrfestspiele starten neu.

Und der Intendant heißt nun Olaf Kröck. Der 47-Jährige bezieht sich bewusst auf die Zeit des Umbruchs. «Durch Solidarität von Bergarbeitern für Künstler entstanden, brechen die Ruhrfestspiele nach Ende des Steinkohlenbergbaus auf in eine veränderte Zukunft», sagt er. Mit «Poesie und Politik» hat er die sechs Festspielwochen mit 90 Produktionen und 210 Veranstaltungen überschrieben. Sein Programm weist nach vorne und blickt auf Vergangenes zurück. Zuletzt war Kröck Intendant des Schauspielhauses im benachbarten Bochum.

Die erste Theateraufführung am 4. Mai rückt die Festspielstadt Recklinghausen ins Rampenlicht. In «What is the City but the People» präsentieren mehr als hundert Menschen aus der Stadt mitten auf dem Rathausplatz ihr Schicksal. Die einstündige Inszenierung ist eine Mischung aus Installation, Konzert und Theater. Das Festival zeigt bis zum 9. Juni in knapp 20 Spielstätten Schauspiel, Lesungen, Konzerte, Tanz, Zirkus, Kindertheater und Kabarett.

Zu den Glanzlichtern gehört die Deutschlandpremiere des Stücks «The Prisoner» des 94-jährigen britischen Regisseurs Peter Brook. Es ist eine Koproduktion mit dem Théâtre des Bouffes du Nord aus Paris. Die Uraufführung «Das Heerlager der Heiligen» nach Jean Raspail kommt als Koproduktion mit dem Schauspiel Frankfurt. Deutschlandpremiere hat Ivo van Hoves Amsterdamer Inszenierung des Missbrauchs-Stücks «Ein wenig Leben» nach dem gleichnamigen, preisgekrönten Roman.

Eine Art Special erinnert an den 1995 gestorbenen Dramatiker Heiner Müller und die Kraft seiner Texte. «Für alle reicht es nicht«, ist der Titel der Lesung des Schauspielers Milan Peschel. Zu sehen ist auch Müllers 24 Jahre alte Inszenierung des Brecht-Stücks «Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui» mit Martin Wuttke in der Titelrolle. Die über 400 Mal aufgeführte Regiearbeit gehöre bis heute zu den Meilensteinen der Theatergeschichte, sagt Kröck.

Die Hollywood-Prominenz, mit der die Ruhrfestspiele sich noch voriges Jahr schmückten, fehlt. Viele prominente Schauspieler treten in kleineren Formaten auf. Caroline Peters («Mord mit Aussicht») kommt zu einer Literaturlesung, ebenso Dietmar Bär aus dem Kölner «Tatort». Sandra Hüller, die in dem Kinofilm «Toni Erdmann» eine Hauptrolle spielte, tritt erstmals mit dem Komponisten Hauschka auf. Sie bringen ein Literatur- und Musikprogramm auf die Bühne.

Um Geschichte geht es in einer Gesprächsreihe des Literaturkritikers Denis Scheck: Der Moderator spricht mit Jahrhundertzeugen. Die in Rumänien aufgewachsene Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller (65) ist dabei, ebenso der langjährige Paris-Korrespondent von ARD und ZDF, Georg Stefan Troller (97), und der US-amerikanische Schriftsteller Louis Begley (85).

Intendant Kröck hat in diesem Jahr knapp sechs Millionen Euro für das Festival zur Verfügung. Das ist etwa eine Million weniger als zuletzt sein Vorgänger Frank Hoffmann, der 14 Jahre im Amt war. 2018 kamen fast 84 000 Besucher. Das war die zweithöchste Besucherzahl seit der Gründung der Ruhrfestspiele im Jahr 1946.