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Sanierung des Festspielhauses in Dresden Hellerau beendet

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«Kein Abspielplatz für Weltstars» - Festspielhaus Hellerau öffnet im September - Budget reicht nicht für Spielplan

Dresden (ddp). Hinter kleinen Einfamilienhäusern im grünen Norden Dresdens öffnet sich der Blick auf ein weitläufiges Gelände. In dessen Mittelpunkt befindet sich ein helles, hohes Gebäude, dessen Fassade vier monumentale, schlichte Säulen schmücken. In dieser einstigen Anlaufstelle der internationalen Kunst-Avantgarde können vom 7. September an Künstler wieder ihre Talente beweisen. Dann öffnet das Festspielhaus Hellerau mit dem Europäischen Zentrum der Künste nach zweijähriger Sanierung seine Türen, sagte der Erste Bürgermeister, Lutz Vogel, am Dienstag in Dresden.

Die Tradition einer «Einheit von Wohnen, Arbeit und Kunst», wie sie Heinrich Tessenow 1911 entwarf, soll hier wiederbelebt werden, beschreibt Architekt Peter Meier-Scupin den Umbau. Die schlichte Architektur durchzieht auch die Innenräume der Spielstätte. Von vier Seiten wird das Kunstzentrum durch meterhohe Fenster erhellt. Die gesamte Technik, wie Be- und Entlüftung, Heizung sowie Bühnentechnik findet unter dem Dach Platz. Auch einen Orchestergraben und eine abbaubare Bühne hat das Gebäude erhalten.

Allerdings gebe es bauliche Veränderungen zu damals, betonte Meier-Scupin. So seien zahlreiche Trennwände herausgerissen worden. Auch wurde durch eine verbesserte Akustik nahezu der gesamte Saal bespielbar gemacht. Insgesamt finden 400 bis 600 Zuschauer darin Platz. Trotz der Umbauten sei wichtig, «dass man den Geist spürt, der damals herrschte», sagt der Architekt. Dieser Geist habe Schriftsteller wie Franz Kafka, Rainer Maria Rilke und Gerhart Hauptmann nach Hellerau gezogen.

«Alles, was dem Raum abringbar ist, wird aufgeführt», sagt Intendant Udo Zimmermann mit Blick auf den Spielplan. Hellerau ist in den Augen Zimmermanns ein «sehr avanciertes Institut», das etwas Neues probiere und experimentiere. Aus diesem Grund sei die Spielstätte auch kein «Abspielplatz für Weltstars», sondern biete viel mehr Freiräume für künstlerisches Schaffen. Damit die Spieltätigkeit des Zentrums sichergestellt werden kann, muss nach Angaben des Bürgermeisters das derzeitige Budget von 1,2 Millionen Euro «schon verdoppelt» werden.

Allerdings erinnern unverputzte Außenwände, der Vorplatz und heruntergekommene Nebengebäude noch an die Zeit, als die Sowjetarmee das Gelände nach dem Zweiten Weltkrieg als Kaserne nutzte. 300 000 Euro fehlten unter anderem für die Verputzung, sagte der Intendant. So hätten auch finanzielle Engpässe und statische Probleme bei der Sanierung des Hauses die Eröffnung um ein paar Monate verzögert.

Der erste Bauabschnitt hat insgesamt 11,5 Millionen Euro gekostet. «Mit wenigen Mitteln wurde das Äußerste gemacht», sagte Zimmermann. Der Stadtrat will am 30. September über die Rechtsform des Zentrums beraten. Eine GmbH halte er für sinnvoll, um die künstlerische und Verwaltungsarbeit in einer Hand zu haben, sagte Vogel.

Bis Ende des Jahres sind 63 Veranstaltungen geplant. Zur Eröffnung präsentiert Mauricio Kagel seine Komposition «Fanfanfaren». Zu weiteren Künstlern zählt die Tanztruppe des Starchoreografen William Forsythe, der mit seiner Ballett-Kompanie in Hellerau tätig sein wird. Ähnlich wie die Säulen der Fassade sollen die verschiedenen Künste wie Tanz, Musik, bildende Kunst und Theater in Hellerau auf dem Fundament stehen und ein einheitliches Dach tragen, sagte Vogel.

Jeanette Tandel


Das Festspielhaus Hellerau zwischen Kafka und Sowjetarmee
Dresden (ddp). Das Festspielhaus Hellerau ist Teil der 1909 nördlich von Dresden gegründeten Gartenstadt Hellerau. Der Ort galt städtebaulich als Novum und sollte sich gemeinsam mit der ebenfalls neu gegründeten «Bildungsanstalt für Musik und Rhythmik» gesellschaftspolitisch zu einer Stätte für «den neuen Menschen» in einem «befreiten Körper» entwickeln.

Kulturelles Zentrum der Neugründung war das 1911/12 erbaute Festspielhaus, das bis zum Ersten Weltkrieg kulturell überregionales Ansehen genoss. Allein zwischen 1911 und 1914 hielten sich in Hellerau beispielsweise der Architekt Le Corbusier, die Schriftsteller Franz Kafka, Rainer Maria Rilke, Gerhart Hauptmann und Stefan Zweig, die Komponisten Sergej Rachmaninow und Ferruccio Busoni sowie die Maler Oskar Kokoschka und Emil Nolde auf.

1933 gingen das Festspielhaus und seine Nebengebäude in Staatsbesitz über, 1939 bauten die Nationalsozialisten das Areal zur Polizeischule um. Von 1945 bis 1992 nutzte die Rote Armee das Gelände. Anschließend wurde das Festspielhaus nach und nach wieder für kulturelle Zwecke genutzt.

Seit 2004 firmiert die Einrichtung als «Europäisches Zentrum der Künste Hellerau». Zu diesem Zeitpunkt begann die Sanierung des Festspielhauses. Dieser erste Bauabschnitt wird am 14. August übergeben. Weitere Bauvorhaben wurden auf das kommende Jahr verschoben.

Quelle: Europäisches Zentrum der Künste Hellerau
http://www.kunstforumhellerau.de

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