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Schleswig-Holstein Musik Festival präsentiert gesamte Bandbreite chinesischer Musik

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Kiel - Der Intendant des am Samstag in Lübeck beginnenden 27. Schleswig-Holstein Musik Festivals, Rolf Beck, will dem Publikum einen Querschnitt durch die gesamte Bandbreite chinesischer Musik näher bringen. Das Programm reiche von der Sängerin Urna aus der Inneren Mongolei über das Laoqiang-Schattenspielensemble und den Schlagzeugvirtuosen Li Biao bis hin zum Superstar Lang Lang, sagte Beck in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd in Kiel.

 

Das Schleswig-Holstein Musik Festival bietet diesmal 138 Konzerte und drei Musikfeste auf dem Land, davon eines für Kinder, sowie begleitende Ausstellungen. Die Veranstaltungen finden an 77 Spielstätten in 49 Orten in Schleswig-Holstein, Hamburg, Nordniedersachsen und Dänemark statt.

Interview:

Mit Festival-Intendant Rolf Beck sprach dapd-Korrespondentin Elke Prediger in Lübeck über das anstehende Programm.

dapd: Mit dem diesjährigen Programm appellieren Sie besonders an die Aufgeschlossenheit und Neugier, die Sie nach eigenen Worten so sehr an Ihrem SHMF-Publikum schätzen. Schlagen sich diese Publikumsqualitäten auch im Vorverkauf der Karten nieder?

Rolf Beck: Ja, der China-Länderschwerpunkt wird sehr gut angenommen. Die Menschen sind interessiert, die chinesische Kultur jenseits touristischer Verbrämung von ihrer authentischen Seite kennenzulernen. Unser Publikum ist stets neugierig und weiß auch über die Jahre, dass es uns vertrauen kann.

dapd: Viel Zeit mussten Sie im Vorfeld dieses ganz besonderen Festivals in China verbringen. Damit sind Sie einer Kultur nahegekommen, die aus vielen Gründen in der westlichen Welt fremd wirkt. Was beeindruckt Sie an der chinesischen Kultur besonders?

Beck: Ich bin begeistert von dem großen Spektrum der chinesischen Musik und der Art und Weise, wie Musiktradition dort über Jahrtausende bewahrt und weitergegeben wurde. Hinzu kommt, dass sich neben der traditionellen chinesischen Kunst durch die Öffnung zum Westen hin eine außergewöhnliche europäisch geprägte Kulturszene in China gebildet hat. Und so klingt China bei uns von der Sängerin Urna aus der Inneren Mongolei bis zum Laoqiang-Schattenspielensemble aus der Gebirgswelt der Provinz Shaanxi. Vom Schlagzeugvirtuosen Li Biao bis hin zum Superstar Lang Lang. Von den großen Orchestern, dem Shanghai Symphony Orchestra und dem China National Centre for the Performing Arts, bis hin zum traditionellen Shanghai Chinese Orchestra. Von dem chinesischen Popstar Dadawa bis hin zum Vokalensemble Eastern Voices.

dapd: Während der Auftaktpressekonferenz berichteten Sie, dass Ihnen in China viele sachverständige Kenner der dortigen Kunstszene bei der Auswahl der Musikrichtungen und Künstler geholfen haben. War es Ihnen wichtig, dem westlichen Publikum einen repräsentativen Querschnitt chinesischer Kunst zu vermitteln, oder ging es bei der Programm- und Künstlerwahl eher um das Erspüren der chinesischen Seele?

Beck: Um beides. Genauer gesagt: Bei jedem Schwerpunkt sind wir bemüht, einen Querschnitt der Kultur zu zeigen. Und je mehr man sich mit einem Land beschäftigt, desto mehr lernt man auch seine Eigenarten kennen und dringt in seine Seele ein. Im Falle Chinas ist es jene archaische Seele, jene Zeitlosigkeit und Beharrlichkeit wie sie aus den Gedanken eines Konfuzius oder Laotse spricht, die den kreativen Nährboden einer Jahrtausende alten Kultur bilden.

dapd: Die Organisation dieses Festivals ist eine logistische Herausforderung. Wie ist die sprachliche Verständigung aller Beteiligten geregelt? Wie wird auch in den einzelnen musikalischen Klangkörpern eine Zusammenarbeit möglich? Ist Englisch das Verständigungsmittel? Oder haben Sie eine große Gruppe Übersetzer engagieren müssen?

Beck: Wir haben uns gut auf diesen Länderschwerpunkt vorbereitet. Er ist tatsächlich in punkto Logistik eine Herausforderung, meine Mitarbeiter von der Konzertorganisation haben besonders darauf geachtet, dass unter den Künstlerbetreuern Sinologen sind, die mit Sprache und Kultur vertraut sind. Außerdem haben wir eine gebürtige Chinesin als Schwerpunkt-Referentin eingestellt, die für eine reibungslose Kommunikation zwischen Ost und West sorgt.

dapd: Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie Sie das Programm rund um den Länderschwerpunkt gestalten. Nach welchen Aspekten wählen Sie die Konzerte aus, die nichts mit dem Länderschwerpunkt zu tun haben?

Beck: Ein dramaturgisches Konzept, das geschickt große und unbekannte Namen, populäre und ungewöhnliche Werke kombiniert, das macht ein spannendes Festivalprogramm aus. Ohne Scheuklappen und ohne Berührungsängste versuchen wir, ein Programm zu gestalten. Wer das Programmbuch des diesjährigen Schleswig-Holstein Musik Festivals durchblättert, wird unschwer erkennen können, dass wir neben Weltstars wie den Pianisten Murray Perahia, Arcadi Volodos, Radu Lupu oder den Labeque-Schwestern, wie der Geigerin Viktoria Mullova oder dem Dirigenten Zubin Mehta auch viele jungen Talente eingeladen haben wie etwa die Sopranistin Christiane Karg, den Organisten und diesjährigen Leonard Bernstein Award-Preisträger der Sparkassen-Finanzgruppe, Cameron Carpenter, oder den ausgezeichneten Amaryllis Quartett. Und auch den besten Nachwuchsmusikern der Welt bieten wir mit unseren Akademien ein einmaliges Ausbildungsprogramm. Es ist unser Bestreben, jenseits von festgefahrenen Ideologien die gesamte Bandbreite des musikalischen Kosmos aufzuzeigen - auch wenn wir dies natürlich nur ansatzweise können.

 

(nmz) - Rolf Beck wird das Festival als Intendant im kommenden Jahr verlassen. Ihm folgt am 1. Oktober 2013 der promovierte Musikwissenschaftler und -manager Christian Kuhnt. Nach Justus Frantz, Franz Willnauer und Rolf Beck wird Kuhnt der vierte Intendant des 1986 gegründeten SHMF.

Lebenslauf Christian Kuhnt (Quelle: SHMF)

Christian Kuhnt wurde 1967 in Mainz geboren. Er studierte u. a. Musikwissenschaften in Frankfurt am Main und Hamburg. Daneben war er für die Schallplattenfirma Teldec Classics tätig. Von 1999 bis 2007 arbeitete Christian Kuhnt für das Schleswig-Holstein Musik Festival, dessen künstlerischer Direktor und stellvertretender Intendant er zuletzt war. Darüber hinaus war er von 2005 bis 2007 als künstlerischer Berater für die Eigenveranstaltungen der Laeiszhalle Hamburg verantwortlich. Am 1. Oktober 2007 übernahm Christian Kuhnt die Geschäftsführung der Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette.