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Uraufführung: Unbekanntes Bach’sches Orgelwerk in der Marktkirche Halle

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Im Rahmen der Händelfestspiele Halle wird am 10. Juni in der Marktkirche Johann Sebastian Bachs Fantasia sopra il Corale "Wo Gott der Herr nicht bei uns hält", BWV 1128 durch den Organisten und Dirigenten Martin Haselböck uraufgeführt. Im April wurde die Fantasia als Sensationsfund der Öffentlichkeit präsentiert. MDR Figaro schneidet die Erstaufführung mit. Sendezeit: 13.6. nach der Übertragung der Eröffnung des Bachfestes Leipzig gegen 22:00 Uhr auf MDR Figaro und im Live-Stream.


Die Hintergründe des Fundes:

«Wo Gott der Herr nicht bei uns hält»
Wissenschaftler ersteigerten Abschrift einer Orgelkomposition eines früheren Thomaskantors

Halle/ddp (Meldung vom 15.4.): Musikwissenschaftlern der Martin-Luther-Universität in Halle ist ein Coup gelungen: Für gerade mal 2500 Euro ersteigerten sie vor kurzem in einem Leipziger Auktionshaus einen Teil des Nachlasses des früheren Thomaskantors Wilhelm Rust (1822 - 1892) und damit - ohne es zu wissen - einen Sensationsfund. In dem Nachlass entdeckten sie eine bisher unbekannte Orgelkomposition von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750). Das am Dienstag in Halle erstmals der Öffentlichkeit präsentierte Werk «Wo Gott der Herr nicht bei uns hält» ist einer von zwei sehr ähnlichen Orgelchorälen Bachs. Seine Quelle war bisher nicht nachgewiesen, nur die ersten fünf Takte des Stückes bekannt.

Der Zufallsfund aus Bachs Frühwerk zwischen 1705 und 1710 ist eine Abschrift Rusts und gilt unter Fachleuten als absolute Rarität. «Das ist wirklich ein großer Glücksfall, da die Musik Bachs extrem gut erforscht ist», frohlockte Wolfgang Hirschmann vom Institut für Musik der Martin-Luther-Universität. Die Entdeckung bereichere das Wissen um das Frühwerk des berühmten Musikers und schenke der Musikwelt eine großartige Komposition in der für Bach seltenen Gattung der Orgelmusik. Die Authentizität dieser Choralfantasie größeren Ausmaßes sei von Experten bestätigt worden, berichtete der Musikwissenschaftler voller Stolz. Die Parallelen zum Bachschen Schwesterwerk, der zweiten Choralfantasie, seien frappierend. Zudem habe sich der einstige Leipziger Thomaskantor Wilhelm Rust als Herausgeber Bachscher Werke einen Namen gemacht.

Im Bach-Werke-Verzeichnis wurde das Stück bisher unter der Nummer «Anhang II 71» geführt. Doch keiner wusste bis vor kurzem so genau, ob es tatsächlich existiert. Da diese Frage nun geklärt ist, bekam die Bachsche Fantasie nun eine neue Nummer in dem Verzeichnis - die 1128.

Einer der Entdecker des aufsehenerregenden Fundes ist der Musikwissenschaftler Stephan Blaut. Gemeinsam mit seinen Kollegen Michael Pacholke und Kathrin Eberl-Ruf hatte er vor etwa drei Monaten den Kauf von Rusts Teilnachlass angeregt, weil er darin interessantes Forschungsmaterial zur regionalen Musikgeschichte vermutete. Bei der Durchsicht der Papiere sei er dann auf die Abschrift des Bachschen Stückes gestoßen, das er nicht kannte und daraufhin mit seinen Kollegen recherchiert habe. «Dass dieser tolle Fund dabei war, ist nicht absehbar gewesen», sagte Eberl-Ruf.

Neuer Eigentümer des unschätzbaren musikalischen Schatzes ist nun die Universitäts- und Landesbibliothek Halle, die das glückliche Händchen bewiesen und den Teilnachlass ersteigert hat. Ihr Direktor Heiner Schnelling konnte sein Glück kaum fassen. «Wenn bekannt gewesen wäre, was der Nachlass enthält, hätte man sicherlich noch eine Null an die Summe anhängen müssen, vielleicht auch zwei», sagte er. Zur Präsentation achtete der Chef des Hauses genau darauf, dass die kostbaren, vergilbten Seiten mit den Noten nur mit weißen Handschuhen angefasst und nicht mit Blitzlicht fotografiert werden. «Das Original bleibt immer unter Verschluss. Es wird unter guten Bedingungen in unserem Safe zuverlässig weggeschlossen», versicherte er überglücklich.


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