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Von Schubert aus immer an der Donau lang: Cellokammermusik mit Gregor Babica und Hannelott Weigelt

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Ganz Wien verhaftet ist eine neue CD mit Werken und Transkriptionen für Cello und Klavier von Schubert, Piatigorski, Cossmann und Webern. Alt- und Unbekanntes, innig, atmend, sehr bedenkenswert.

Beginnt ein Cellist seine erste CD mit der „Arpeggione“ von Schubert, riskiert er sogleich einen Vergleich. Gregor Babica und Hannelott Weigelt wagten und erfreuen wundersam. Hundertmal gehört und doch überrascht, wie scheinbar langsam die beiden Musiker diese Sonate angehen und damit den Zuhörer an ihr Tempo binden. Doch siehe: andere, berühmtere sind deutlich langsamer – und schwulstvoll.

Anders Gregor Babica und seine Begleiterin. Jene Düsseldorfer Musikhochschullehrerin, Spezialisten wohl bekannt, ist ein Phänomen. Nach dieser Aufnahme liegt ein Vergleich beispielsweise mit Gerold Huber sehr nahe. Man höre auf das Ende des 1. Satzes: wie sie da in’s Leere ein wenig anzieht, um danach loszulassen.

Die Arpeggione-Sonate hat ja viel Biedermeierliches. Sie könnte so dahingehen und etwas langweilen. Aber Gregor Babica und Hannelott Weigelt gehen nicht, sondern ertasten die Musik, und sie achten dabei aufeinander so genau, dass der Zuhörer gespannt die Ohren spitzt, um zu hören, welche Farbe als nächste leuchtet. Hannelott Weigelt überlässt dem Cello nicht die alleinige Führung, sondern spielt diese herrlichen Schubert'schen Passagen so leicht klingend, so schwer zu erreichen. Einige male, wenn das Cello ein klein wenig nachgeben würde, springt das Klavier etwas vor und hält die Musik in neuem Schwung. Pompöses vermeiden sie, deutlich zu hören beim dezenten Pizzicato im 1. Satz.

In vier Liedern – Am Strome (D539), Auf der Donau (D553), Der Strom (D565), (Goethes) Die Liebe („himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt“) (D210) – greift Hannelott Weigelt die Stimmungen sofort auf und lässt sie verklingen, dass der Zuhörer Dank in sich spürt. Das Cello ist kein Sänger, aber besonders „am Strome“ lebt es die Emotionen scharf und heftig aus.

„Introduktion, Thema und Variationen für Pianoforte zu vier Händen“ (D968a) schrieb Gregor Babicas Lehrergroßvater Gregor Piatigorsky original um und hängte ein rasantes Ende an, doch niemand nahm das Stück bisher auf. Wer danach Schubert nicht mag oder nicht unwillkürlich mitsingt, ist selbst schuld…

Zwei von Piatigorski eingerichteten Stücken des 16-jährigen Anton Webern folgen drei winzige neutönende Stücke op. 11 (1914), sowie die gemütsintensive Sonate von 1914 – kaum begonnen, schon verweht.

Und noch eine Ersteinspielung: die Erlkönig-Transkription D328a für Solocello op. 1 von Bernhard Cossmann, für seine Fingerübungen nur zu bekannt. Nicht so dieses Stück des Irrewerdens. Babica spielt hier auf volles Risiko, reitet den Grad(t) virtuos mit zahllosen Doppel- und Vielfachgriffen ab und beschließt seine CD anrührend mit dem Tod des Kindes.

Sehr sorgsam ist die Aufnahmetechnik, die die Künstler Menschen sein lässt. Eine wundervolle Ausgabe.

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