Hauptrubrik
Banner Full-Size

Paul Kuhn wird 80: Klavierspielen als Therapie

Publikationsdatum
Body

Berlin (ddp). Paul Kuhn hat ein Geheimrezept gegen sämtliche Altersgebrechen: «Wenn ich Klavier spiele, sind alle Schmerzen weg», sagte der Pianist Anfang März der «Bild am Sonntag». «Nichts wirkt so belebend wie eine swingende Band», verriet er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».

Und so steht Kuhn, der wegen einer Netzhauterkrankung nur noch schlecht sehen und keine Noten mehr lesen kann, auch an seinem 80. Geburtstag auf der Bühne. Am Mittwoch (12. März) gibt der Jazzmusiker nach Angaben seiner Agentur ein Konzert in seiner Geburtsstadt Wiesbaden.

Zwar ist Kuhn nach eigenen Worten inzwischen ein bisschen vergesslich, nicht mehr ganz so sicher zu Fuß und auch beim Golfen sieht er den Ball nicht mehr besonders gut. Trotzdem ist «Paulchen», wie er von Fans und Freunden genannt wird, nicht kleinzukriegen. Im Januar hatte er wegen einer Gürtelrose noch die Berlin-Konzerte der Swing Legenden mit Max Greger und Hugo Strasser absagen müssen. Bei seiner aktuellen «Paul Kuhn 80 - Geburtstagstournee» wird er nun jedoch binnen vier Wochen gleich 20 Mal auf der Bühne stehen.

Kuhn, der schon als Kind Akkordeon und Klavier spielte, ein Internat mit Schwerpunkt Musik besuchte und am Wiesbadener Konservatorium studierte, stieg während des Krieges zum gefragten Jazzpianisten auf. Er spielte bei der Truppenbetreuung im besetzten Frankreich und nach dem Krieg bei den US-Truppen in Deutschland. Er beherrschte nahezu das gesamte Glenn-Miller-Repertoire.

In den 50ern stieg Kuhn mit Hits wie «Der Mann am Klavier» und «Es gibt kein Bier auf Hawaii» zum Schlagerstar auf - obwohl er diese Songs nur widerwillig und auf Wunsch seiner Plattenfirma zum besten gab. Auch in Musikshows im Fernsehen wurde er Stammgast. Sein Showtalent bewies er in Sendungen wie «Hallo Paulchen» und «Pauls Party». 1968 wurde Kuhn Dirigent der SFB-Bigband, die sich unter ihm zu einem der beliebtesten deutschen Tanzorchester mauserte.

1980 erlitt Kuhn jedoch einen herben Karriereknick: Der SFB verlängerte aus Kostengründen seinen Vertrag als Bandleader nicht, seine Plattenfirma kündigte ihm und der NDR stellte seine «Gong-Show» ein. Der Musiker bewies jedoch schon damals Qualitäten als Stehaufmännchen, zog von Berlin nach Köln und gründete die Paul Kuhn Big Band. Nach Tourneen und Auftritten angelte er sich wieder einen Plattenvertrag und kehrte auch auf die Bildschirme zurück.

Ende der 90er widmete sich Kuhn wieder dem Jazz und tat sich mit dem Bassisten Paul G. Ulrichs und dem Drummer Willy Ketzer zusammen. Zudem ist er seit einigen Jahren mit den Swing Legenden unterwegs. In den vergangenen Jahren kränkelte Kuhn jedoch immer wieder. 2005 wurden ihm in einer Notoperation drei Bypässe und eine neue Herzklappe eingesetzt. Berichten zufolge entkam der Musiker damals nur knapp dem Tod.

2006 kündigten die Swing Legenden zwar ihre Abschiedstournee an, trotzdem geben sie nach wie vor regelmäßig Konzerte. Hugo Strasser sagte 2006 in einem ddp-Interview: «Wenn etwas gut läuft, wäre es ja auch völlig verrückt, aufzuhören.« Kuhn scherzte 2007 bei einem Pressetermin in Berlin: »Die Ärzte meinen, ich sollte kürzer treten. Soll ich nun etwa langsamer singen oder weniger laufen?«