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Wer hat es nicht schon einmal in den Händen gehalten, jenes obertonarme Blasinstrument, das meist in Verbindung mit musikalischer Früherziehung oder mit volkstümlicher Hausmusik Erwähnung findet? Und kaum ein Kind kann sich für die Blockflöte langfristig begeistern, erscheint doch das Repertoire alles andere als besonders verlockend. Dem entsprechend sind sogenannte Blockflötenvirtuosen wie Franz Brüggen oder Hans Martin Linde auch eine Rarität auf den internationalen Konzertpodien.
Doch es gibt auch eine Sternschnuppe am „Blockflötenhimmel“. Es ist die „dänische Nachtigall“ Michala Petri. 1958 in Kopenhagen geboren und aus einer Musikerfamilie stammend, gehört die Musikerin seit über 20 Jahren zu den unanfechtbaren Stars ihres Metiers. Ihr Spiel beeindruckt auf der Bühne und Schallplatte gleichermaßen, denn sie vermittelt in ungewöhnlich bestechender Weise Spaß an der Musik und ihrem Instrument.
Michala Petri fühlt sich nach eigenen Aussagen mit ihrem Instrument „nahezu verwachsen“, denn schließlich ist sie damit seit ihrem dritten Lebensjahr vertraut und auf der Blockflöte sieht die Künstlerin für sich die einzige Möglichkeit, „sich auf musikalischer Ebene wirklich gut ausdrücken zu können“. Dem „hölzernen Rohr“ Töne zu entlocken, sei zunächst ein Kinderspiel. Die ersten Probleme tauchen erst auf, wenn es um die Entwicklung einer eigenen Klangkultur geht, und in diesem Punkt verlangt die Blockflöte nach einer ganz besonderen Disziplin und Behutsamkeit. Genau an diesem Punkt scheitert häufig die Ausdauer vieler Anfänger, einmal ganz abgesehen von dem spärlichen Repertoire für Amateure. Auch Michala Petri erschien die explizit für Blockflöte komponierte Literatur als sehr begrenzt, zumal sie sich auch nicht ausschließlich der Renaissance- und Barockmusik widmen wollte. Die damit einhergehende Einschränkung dynamischer Ausdrucksmöglichkeiten kann das Instrument niemals als Konzertinstrument etablieren. Als große Liebhaberin romantischer Musik hat sich Michala Petri das Repertoire durch Transkriptionen, die sie teilweise selber vorgenommen hat, erweitert.
Dazu zählen u.a. zahlreiche Kompositionen von Schubert und Grieg. Inzwischen schreiben auch einige dänische Komponisten eigene Stücke, die ihre besonderen Blastechniken sowie ihre Virtuosität berücksichtigen. Großen Wert legt Michala Petri dabei auf das melodische Element, denn „gerade bei zeitgenössischer Musik lasse sich auf diese Art und Weise leichter eine Kommunikation mit dem Publikum aufnehmen“.
Es ist Michala Petri immer ein großes Anliegen, Hörer mitzureißen und am Prozeß des Musizierens teilhaben zu lassen. Diesem Anspruch wird sie als Mensch und Musikerin auch gerecht, verzaubert sie doch geradezu mit ihrer bestechenden Musikalität, Virtuosität und ihrem Charme, so fern ab von jeglichen Starallüren. Egal, was Michala Petri spielt, ob Renaissance-, Barock- oder zeitgenössische Musik – es gelingt ihr immer den Eindruck höchster technischer Akrobatik mit federleichtem Musizieren zu verbinden.
Auch wenn sie selbst keine Zeit zum Unterrichten findet, da sie von ihrer regen Konzerttätigkeit zu sehr beansprucht wird, sieht sie in der Blockflöte wesentliche Vorzüge, die musikalische Früherziehung betreffend, denn „man kann auf sehr einfache Weise mit der Zusammensetzung und Erzeugung von Melodien vertraut werden“. Ihr großes Debüt 1969 in der Tivoli Concert Hall gab den Startschuß für eine internationale Karriere, auch gemeinsam mit so namhaften Künstlern wie Claudio Abbado, Neville Marriner, Salvatore Accardo oder Heinz Holliger, um nur einige zu nennen. Michala Petris Neugier und Unkonventionalität im Umgang mit ihrem Instrument ist es zu verdanken, daß sich gerade in den letzten Jahren die Blockflöte wieder verstärkt als Konzertinstrument etablieren konnte. Sie selbst musiziert in den verschiedensten Formationen, u.a. auch mit ihrem Ehemann, dem Gitarristen Lars Hanibal. Gemeinsam haben sie eine CD unter dem Titel „Souvenier“ eingespielt und das Programm reicht von Telemann und Bach bis hin zu zeitgenössischen dänischen Komponisten wie Thomas Koppel oder Ladislav Kupkovic.
Für internationales Aufsehen sorgte die rein zufällig entstandene Zusammenarbeit mit Keith Jarrett, den Michala Petri nach einem ihrer Konzerte in New York kennenlernte. Gleich am nächsten Tag hat man sich getroffen, um gemeinsam zu musizieren und „es war sofort phantastisch – wir haben uns gegenseitig sehr gut musikalisch inspirieren können“.
Inzwischen liegen zwei Einspielungen des scheinbar so kontrastreichen Duos vor: Händels Sonaten für Blockflöte und Cembalo sowie J. S. Bachs Sonaten BWV 1030-1035. Für Michala Petri war diese Erfahrung umso wichtiger, weil es ihr gelungen ist, die Ausdrucksmöglichkeiten auch auf dem Gebiet der Barockmusik zu erweitern, ohne sich modischen Trends historischer Aufführungspraxis verschreiben zu müssen.
Ihre jüngst erschienene CD „Moon-child’s Dream“ präsentiert ausschließlich Kompositionen fünf dänischer Komponisten, die sich vom außergewöhnlichen Können der Flötistin inspirieren ließen. Für Michala Petri hat damit die Blockflöte auch „eine neue eigene Identität gewonnen“. Alle fünf Komponisten entsprechen ihrer sehr persönlichen Vorstellung von sogenannter moderner Musik, mit besonderer Berücksichtigung melodisch nachvollziehbarer Elemente, die „der Blockflöte Platz für eine emotionale Ausdrucksweise im romantischen Stil läßt“. In diesem Sinn komponiert Thomas Koppel gerade ein neues Konzert für Michala Petri und auf die Einspielung darf man gespannt sein. Trotz ihrer zunehmend wachsenden familiären Verpflichtungen mit zwei Kindern, sucht Michala Petri auch weiterhin die Herausforderung auf ihrem Instrument, denn „Musik relativiert alles“.