Das Herbstsymposion des VdM hat eine lange Tradition: Immer in den „kongressfreien“ Jahren findet es statt, und immer in der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen. Und immer schon war es die Tradition des Nach-vorne-Schauens, die hier geübt wurde und wird. Zwei Tage nehmen sich Bundesvorstand und Erweiterter Bundesvorstand Zeit, über aktuell anstehende Themen zu beraten, freie Assoziationen zu spinnen und daraus konzeptionelle Perspektiven abzuleiten, wie die inhaltlich-fachliche Arbeit des VdM als Wegbereiter für die Musikschulpraxis weiter zu entwickeln sein könnte. Und immer versichert man sich der Teilnahme externer Gäste, von deren Vorträgen und von deren Mitdiskutieren stets neue Impulse aufgenommen werden.
Das Herbstsymposion des VdM hat eine lange Tradition: Immer in den „kongressfreien“ Jahren findet es statt, und immer in der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen. Und immer schon war es die Tradition des Nach-vorne-Schauens, die hier geübt wurde und wird. Zwei Tage nehmen sich Bundesvorstand und Erweiterter Bundesvorstand Zeit, über aktuell anstehende Themen zu beraten, freie Assoziationen zu spinnen und daraus konzeptionelle Perspektiven abzuleiten, wie die inhaltlich-fachliche Arbeit des VdM als Wegbereiter für die Musikschulpraxis weiter zu entwickeln sein könnte. Und immer versichert man sich der Teilnahme externer Gäste, von deren Vorträgen und von deren Mitdiskutieren stets neue Impulse aufgenommen werden.Im November 2000 hatte man sich gleich zwei Themen vorgenommen: die Förderung der Popmusik an den Musikschulen als eine seit längerer Zeit für die Unterrichtsarbeit immer dringlicher werdende Aufgabe sowie die Kooperation mit der Schulmusik als eine bildungspolitisch und strategisch gleichermaßen wichtige wie überreife Initiative. Freilich: Ganz neu sind beide Themen nicht. Die Öffnung der Musikschulen für populäre Musikstile wird nun seit über zehn Jahren vom VdM propagiert und inzwischen auch von Hunderten von Musikschulen praktisch vollzogen. Instrumente wie das Saxophon, das Schlagzeug, Gitarre und E-Gitarre sowie das Keyboard haben sich in den Schülerstatistiken allerorten einen nennenswerten Rang verschafft, und an zahlreichen Musikschulen im Osten hat die Unterhaltungsmusik eine eigene Tradition. Und mit dem Verband Deutscher Schulmusiker (VDS) wurde bereits 1979 eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, in der sowohl eine bildungspolitische Position formuliert als auch zahlreiche Anregungen für eine praktische Zusammenarbeit von Schulmusikern und Musikschulen gegeben wurden.Pop macht Schule
Der VdM-Vorsitzende Dr. Gerd Eicker erinnerte an die Anfänge popmusikalischer Angebote an den Musikschulen, als etwa 1986 lediglich 2,8 Prozent des Unterrichtsangebotes für diese Musikrichtungen ausgewiesen waren. Mit der seither stark gewachsenen Nachfrage und Bereitschaft der Musikschulen ergibt sich für den VdM die Aufgabe, zur Intensivierung und fachlichen Professionalisierung Arbeitshilfen und ein praxisorientiertes Lehrgangsangebot zu entwickeln. Letztlich gehöre ein Angebot für breitere jugendliche Zielgruppen auch zum Bildungsauftrag der Musikschule. Denn, so der stellvertretende VdM-Vorsitzende Klaus-Jürgen Weber, der die Moderation dieser Thematik innehatte: Popmusik ist längst fester Bestandteil der allgemeinen Lebenskultur. Für Praxisorientierung des Symposions hatte er mit der Einladung hochkarätiger Pop-Experten gesorgt.
Über den Aufbau einer Popschule der Folkwang Musikschule der Stadt Essen berichtete deren Abteilungsleiter Herbert Schiffer. Nach einem Modell aus Rotterdam macht man dort seit fast zwei Jahren ein kombiniertes Angebot aus Band-, Instrumental- und Theorieunterricht, das den Jugendlichen ein handlungs- und erlebnisorientiertes Musizieren vermittelt. Denn die Bandarbeit, das gemeinsame Musikmachen mit dem Ziel eines Bühnenauftritts im Stile der Profis, steht im Zentrum, motiviert für mühevolles Üben und für den instrumentalen Einzelunterricht. Der findet alle zwei Wochen und stets im Wechsel mit der Popanalyse statt, wo im Sinne eines Ergänzungsfachs Harmonielehre, Gehörbildung und auch Popgeschichte auf dem Stundenplan stehen. Hier sollen die zeitgleich geprobten Songs einbezogen werden. Der Kursus, dessen Ziel das möglichst selbstständige Bandmusizieren der Jugendlichen ist, dauert drei Jahre, danach ist eine lose Betreuung in Form von Bandcoaching angesagt. Ein solches Konzept, da waren sich alle einig, entspricht der Grundidee von Musikschularbeit und kann zur Profilierung der Musikschule in der öffentlichen Wahrnehmung beitragen. Wie solche Vision Wirklichkeit wird, demonstrierte eindrucksvoll ein Video, das der Initiator der Rotterdamer Popschule Gerard Boontjes, jetzt Leiter der Rockakademie Tilburg/NL, mitgebracht hatte. Er verwies auf eine grundlegend andere pädagogische Schlüsselidee für diesen Bereich: nicht den herkömmlichen Lehrer zu verkörpern, sondern sich in die Rolle eines „critical friend“ zu begeben.
Pop und Pädagogik
Als Kardinalfrage schälte sich heraus: Wie kommen Musikschulen an jene Lehrkräfte, die „authentisch“ Pop und Rock vermitteln und auch noch ganz andere Pädagogen sind? Zu dieser Frage referierte Udo Dahmen, Professor an der Musikhochschule Hamburg und Präsident des Deutschen Schlagzeugverbandes. Erfahrungen in dem seit 1983 existierenden Hamburger Kontaktstudiengang zeigten, dass die hier vermittelte eigene Qualifizierung für eine sich in der Praxis oft aufdrängende pädagogische Betätigung kaum ausreicht. Andererseits ist es für die „traditionelle“ Lehrkraft, deren musikalische Biografie auch von völlig anderen Orientierungen geprägt ist, fast aussichtslos, eine Popmusiker-Qualifizierung zu erwerben, da Popmusik erst von der quasi nicht pädagogisierbaren Authentizität der jugendkulturellen „Szene“ lebt. Siggi Busch, Professor an der Hochschule der Künste Berlin, trug Beobachtungen aus dem Blickwinkel der Jazz-Ausbildung bei. Während die professionelle Jazzszene kaum die ausgebildeten Absolventen aufnehmen kann, boome der Markt der Unterrichtsmaterialien immer mehr. Bedarf an pädagogisch orientierten Jazzern ist also vorhanden, und neben einer breiteren Umschau ihrer Dozenten wären die Hochschulen gut beraten, wenn sie begleitende Fort- und Weiterbildungsangebote machen könnten.
In mehreren Arbeitsgruppen näherte man sich der Thematik aus ihren verschiedenen Perspektiven. Hinsichtlich der Weiterbildungsfrage und einem möglichen Angebot des VdM in diesem Bereich wurde deutlich, dass man hierbei grundsätzlich zwei verschiedene Zielsetzungen zu beobachten habe: Zum einen die popmusikalische Weiterbildung von Musikschullehrkräften, um eine weitergehende Offenheit der Musikschule für das Schüleranliegen nach Einbeziehung von Popmusik zu erzielen, zum andern aber die pädagogische Qualifizierung von Popmusikern zum Aufbau einer Pop-Abteilung an der Musikschule. Hier will der VdM verstärkt aktiv werden und gemeinsam mit Experten Arbeitshilfen entwickeln, Beispiele darstellen, um Anstöße zu geben, um der Popmusik zu einer größeren fachlichen Anerkennung in den Musikschulen zu verhelfen.
Vereinte Musikpädagogik
Des Symposions zweiter Teil fokussierte auf die Zusammenarbeit von Musikschule und allgemein bildender Schule und war vor allem von einem geradezu modellhaften Einvernehmen zwischen Musikschulvertretern und Schulmusikrepräsentanten geprägt. Der Vorsitzende des VDS Prof. Dr. Hans Bäßler plädierte gleich in seinem Eingangsstatement dafür, das vielerorts bedauerlicherweise noch anzutreffende Misstrauen zwischen den Pädagogen der beiden Einrichtungen angesichts der bedrohlichen Lage der musikalischen Bildung beiseite zu lassen, um sich konstruktiv zu helfen und zu ergänzen. Im Sinne einer Bestandsaufnahme und Fortschreibung nahm man sich zunächst das 1979 verabschiedete Papier vor, um es auf seine Aktualität zu prüfen. Und siehe da: Unter mancherlei inzwischen veränderten Vorzeichen schienen seine Grundaussagen noch durchaus von Geltung geblieben zu sein. Und so fand man sich nicht allein schon früh auf gemeinsamem Terrain wieder, sondern nahm sich vor, zu einer zügigen Aktualisierung jener Vereinbarung zu kommen.
Dass man sich nun in den diversen Arbeitsgruppen also erfreulicherweise auf derselben Augenhöhe bewegte, beflügelte deren Ertrag. Zu den Visionen im Fortbildungsbereich gehörte zum Beispiel ein Konzeptvorschlag des VDS-Vorsitzenden Prof. Dr. Bäßler zur Nachqualifizierung von Musikschullehrkräften für den Unterricht in der Sekundarstufe I und II, und zwar angesichts der Tatsache, dass vor dem Hintergrund sinkender Studentenzahlen ein eklatanter Mangel an Schulmusikern zu erwarten steht. Auch der gegenseitigen politisch-argumentativen Unterstützung konnte man sich in Form eines vom VdM-Vorsitzenden Dr. Gerd Eicker angeregten Leitfadens versichern, der denkbare Maßnahmen auf kommunaler, Länder- und Bundesebene zusammenfasst. Schließlich formulierte man den gemeinsamen Arbeitsauftrag, funktionierende Beispiele der Kooperation zusammenzutragen und sie in Form von modellhaften Anregungen auf verschiedene Weise zu veröffentlichen.
Strategische Kooperation
Über das Hamburger Modell einer institutionellen Zusammenarbeit im Rahmen der verlässlichen Halbtagsgrundschule berichtete Wolfhagen Sobirey, Vorsitzender des VdM-Landesverbandes Hamburg. Für ihn bedeutet die inzwischen ausgebaute Präsenz von Musikschulangeboten im Stundenplan der Hamburger Grundschulen auch eine Verbreiterung der gesellschaftlichen Plattform der Musikschule, die ihrem Auftrag auf Breitenbildung durchaus entspricht. Aber auch hier benötige man speziell ausgerichtete Lehrkräfte, die mit der durchaus anderen Situation zum Beispiel im Klassenunterricht, aber auch mit anders gelagerten Erwartungshaltungen der Schüler vertraut sind. Das integrale Modell bringe einen Nutzen nach allen Richtungen: können die Grundschulen die Attraktivität ihres Angebotsunterrichts erhöhen, so vermerken die Musikschulen in solchen Fällen auch eine verstärkte Nachfrage, von der, da sie nicht voll erfüllt werden kann, auch die Privatmusiklehrer profitieren.
Als Bilanz dieser Begegnung darf festgehalten werden, dass beide musikpädagogischen Lager an einer gemeinsamen Zukunftsoffensive für die musikalische Bildung in Deutschland arbeiten wollen, die sich letztlich auch als konstruktiver und zugleich konkreter Beitrag zu der vom Deutschen Musikrat ausgerufenen Aktion „Hauptsache: Musik“ versteht. Man vereinbarte eine entsprechende Arbeitsgruppe, deren Auftrag auf Ausarbeitung einer Strategie lautet, welche mittel- und längerfristig positiv wirksam werden soll.