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Viel Pedal, viele Töne und viel Italianita: Giovanni Guidis Power-Jazz verfehlte seine Wirkung nicht. Foto: Ralf Dombrowski
Viel Pedal, viele Töne und viel Italianita: Giovanni Guidis Power-Jazz verfehlte seine Wirkung nicht. Foto: Ralf Dombrowski
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Das Giovanni Guidi Quintet beim BWM Welt Jazz Award

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Vor zwei Tagen präsentierte das Giovanni Guidi Quintet sein musikalisches Statement zum aktuellen BMW Welt Jazz Award. Dieser steht 2022 unter dem Motto "Key Position" und hat zwei Pianistinnen und vier Pianisten eingeladen, sich im musikalischen Wettstreit zu messen. Der jüngste Abend war ein Fest des Micro-Posings, meint unser Kritiker, Ralf Dombrowski.

Francesco Bearzattis Sonnenbrille zum Beispiel, abends, ein optisches Signal weltmännischer Grandezza am Saxophon. Roberto Cecchertos sorgfältig ramponierte Stratocaster, Verweis auf Verwurzelung im Mythenkosmos des Independent-Gefühls. Giovanni Guidis Kurzmantel in Leder-Ästhetik, modisch rätselhaft oversized irgendwo zwischen Galerist und Box-Promoter am Klavier. Joe Rehmers im Gegensatz dazu perfekt sitzender Anzug als Verweis auf die Seriosität des Kontrabasses. Schließlich João Lobo ästhetisch beiläufige Schlagzeug-Kurzärmligkeit, Typ Grillfest, nicht Wettbewerb. All das erzählte schon Geschichten, bevor das Giovanni Guidi Quintet im Doppelkegel der BMW Welt zu spielen begann. Denn dort war eine Band an der thematischen „Key Position“, die einmal die große Runde durch die Zeichenvielfalt der Bühnenwelt drehen wollte.

Und das korrespondierte mit der Musik. Das Giovanni Guidi Quintet präsentierte zugängliche Eklektik aus integrativer Distanz. Die Stücke der beiden Konzerthälften wogten ineinander, sie bezogen sich auf Kammerjazziges oder die Geschmeidigkeiten des modern amerikanischen Mainstreams, nahmen westafrikanische Rhythmen und Motive ins Programm, ebenso wie bluesig grundierte Abläufe und Stimmungen. Guidi liebte das Pedal, ließ seine Geläufigkeit in eine Brandung der inhaltlichen und stilistischen Überblendungen münden. Bearzatti breckerte elegant am Bühnenrand, Cecchetto gönnte sich Ausbrüche in klanglich blecherne Rockgefilde und mäandrierte ansonsten um die Atmosphären der Musik. Rehmer blieb gestalterisch unscheinbar, aber sachdienlich präzise, Lobo wiederum konterkarierte das Feuerwerk der großen Gesten mit pointierter rhythmischer Entkernung. Es ging dem Giovanni Guidi Quintet nicht um die Relativierung, sondern um die Bestätigung des Bekannten aus der Perspektive des wohlwollenden musikalischen Kommentars. Und dazu passten auch die vielen kleinen Zeichen, die über die Bühne als Anker der Geschichten, der Assoziationen hinauswiesen.   

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