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Valda Wilson al Simplicius Simplicissimus in der Dresdner Hartmann-Produktion. Foto: Mathias Creutziger
Valda Wilson al Simplicius Simplicissimus in der Dresdner Hartmann-Produktion. Foto: Mathias Creutziger
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Durchlebtes Kunstwerk mit Aussage: Karl Amadeus Hartmanns „Simplicius Simplicissimus“ an der Dresdner Semperoper

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1934/35 unter dem Eindruck des sich in allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens bedrohlich ausbreitenden Nationalsozialismus entstanden, stellt Hartmanns „Simplicius Simplicissimus“ heute noch als Parabel ein zeitlos mahnendes Kunstwerk dar. Eine ganz auf den Kern zentrierte Inszenierung gelangte am 22. Oktober 2011 in Dresdens Kammeroper „Semper 2“ auf die Bühne.

Obwohl Hartmann 1956 seinen bereits 1948 uraufgeführten Simplicissimus noch einmal grundlegend überarbeitet und vor allem von sechs auf drei Bilder gekürzt hatte, gehört die Partitur noch immer nicht zum Standardrepertoire – sei es in der originalen Fassung mit kleinem Instrumentalensemble, sei es in der mit großem Sinfonieorchester.

Dies hat mehrere Ursachen: Sie sind zum einen in der vielfach agitierenden Kraft der Musik begründet, die ein bürgerliches Abonnementspublikum mit seiner aufrüttelnden Intensität noch immer verschrecken kann, zum anderen in der Partitur selbst, in der Hartmann mit Allusionen und Zitaten ein musikalisches Beziehungsnetz aufspannt – von alten, dem 17. Jahrhundert entstammenden Weisen über Strawinskys „Sacre“ bis hin zum Klezmer. Oder wie er selbst schrieb: „Ich will keine leidenschaftslose Gehirnarbeit, sondern ein durchlebtes Kunstwerk mit einer Aussage. Es braucht nicht verstanden zu werden in seinem Aufbau und seiner Technik, sondern es soll verstanden werden in seinem Sinngehalt, der gleichwohl nicht immer verbal formuliert werden kann.“

Dass es dazu keiner nach außen hin aufwändigen Inszenierung bedarf, zeigte sich in Dresdens »Semper 2« – einem quadratischen Theaterzweckbau, in dem wie in diesem Fall mit einer umlaufenden Bühne die Distanz zum Publikum aufgehoben werden kann. Das mag in Hartmanns Sinn gewesen sein, der auch Elemente aus dem epischen Theater in sein Werk mit aufgenommen hat. Entsprechend einfach und der Sache dienend waren die Kostüme und das Bühnenbild (Okarina Peter und Timo Dentler) gehalten – nur der beim Tod des Einsiedlers einsetzende, wohl allegorisch gemeinte Schneefall fiel da aus dem Rahmen.

Durchwegs überzeugte die intensivierende Inszenierung (Manfred Weiß) wie auch die engagierte Leistung der Instrumentalisten, einem Projektensemble, unter der immer sicheren Leitung von Erik Nielsen. Dass er sich für eine Mischfassung der Partitur entschied (unter Aufnahme des ursprünglichen fünften Bildes), ersparte einen dramaturgischen Bruchpunkt vor der Bankettszene.

Wie sehr der Simplicissimus von der Sprache und der Sprachverständlichkeit lebt, war auf eklatante Weise dort zu erleben, wo allzu starke fremdsprachliche Klangverschiebungen das Verständnis mindestens erschwerten – gerade bei einer solchen Produktion eine ärgerliche (vermeidbare?) Schwäche. Aus dem sängerisch ansprechenden Ensemble ragten fraglos Valda Wilson (Simplicius Simplicissimus) mit ihrem schon fertig ausgereiften Sopran ebenso hervor wie Matthias Henneberg, der mit seinem mächtigen Bariton Bauer und Hauptmann zu echter Bühnenpräsenz verhalf und sich als Idealbesetzung erwies.

Weitere Aufführungen:
24., 25., 27., 30. Oktober und 1., 3., 8., 10., 11. November 2011

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