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Corina Nastoll von der Würzburger Musikhochschule präsentiert die ersten Ergebnisse aus der von ihr organisierten Evaluation  des Projekts „WIM – Wir musizieren“. Foto: Pat Christ
Corina Nastoll von der Würzburger Musikhochschule präsentiert die ersten Ergebnisse aus der von ihr organisierten Evaluation des Projekts „WIM – Wir musizieren“. Foto: Pat Christ
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Erstmals eine Geige in der Hand: das fränkische Pilotprojekt „WIM - Wir musizieren“ hat die Erwartungen aller Beteiligten erfüllt

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Kindern in ländlichen Regionen Zugänge zum praktischen Musizieren eröffnen, diese Idee steckte hinter dem Pilotprojekt „WIM – Wir musizieren“. Vor zwei Jahren startete die Initiative der Bayerischen Musikakademie in Hammelburg an sieben fränkischen Grundschulen. Die meisten der rund 180 beteiligten Schüler waren vor Projektstart noch nicht vertraut im Umgang mit Flöte, Geige oder Klavier. Nach eineinhalb Jahren intensivem Musikunterricht wünschte die Hälfte dieser Schüler, ein erstes Instrument zu erlernen.

Mit Liedern, Tänzen und durch das Ausprobieren verschiedener Instrumente näherten sich die Erst- und Zweitklässler dem Phänomen „Musik“ praktisch an. Dabei unterschied sich die in den regulären Musikunterricht eingebettete „WIM“-Stunde deutlich von dem, was normalerweise im Fach Musik passiert. „Bei WIM wird im Tandem unterrichtet“, erläutert die Würzburger Professorin für Musikpädagogin Barbara Busch, die das Projekt zusammen mit Corina Nastoll wissenschaftlich begleitete. Eine Grundschullehrerin gestaltet die WIM-Stunden gemeinsam mit einer Elementaren Musikpädagogin. Außerdem werden örtliche Musiker eingebunden, zum Beispiel Mitglieder des Kammerorchesters Bad Brückenau.

Anders als etwa bei „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi) passt jedes Tandem den WIM-Unterricht individuell an die konkrete Situation vor Ort an. Es gibt also kein vorgegebenes Curriculum. Die Kinder sollen zum einen mit dem in Berührung kommen, was sie bisher noch nicht kennen gelernt haben. So sind in ländlichen Regionen, wo Blasmusik Tradition hat, Zupfinstrumente für die Kleinen nichts Selbstverständliches. Gleichzeitig soll aber auch auf das regionale Angebot abgehoben werden. Schließlich motiviert das Projekt Kinder und Eltern im besten Fall, außerhalb der Schule ein Instrument zu erlernen.

Die bisherige Auswertung zeigt, dass WIM tatsächlich neue Wege zur Musik bahnen kann. „Rund 40 Prozent der Kinder gaben an, dass sie seit WIM zu Hause mehr Musik hören“, so Corina Nastoll. Erstaunlicherweise fiel dies den Eltern gar nicht so stark auf. Was für Barbara Busch bedeutet: „Die Kinder selbst sind sensibler für Musik geworden.“ Die Eltern wiederum zollten dem Projekt, das sich vom zweiten Halbjahr der ersten Klasse bis Ende der zweiten Grundschulklasse hinzog, viel Lob. Über 40 Prozent verteilten bei der Abschlussbefragung die Traumnote 1. Viele Kinder, die bereits ein Musikinstrument spielen können, bekamen schließlich durch WIM Lust auf ein zweites Instrument.

Laut Busch bezweckt WIM jedoch nicht, die Quote derjenigen Kinder die steigern, die sich bei einer Musikschule anmelden oder in einen Musikverein eintreten. „Es geht vor allem um das Hier und Jetzt. Nicht in erster Linie um das Später“, betont die Professorin von der Würzburger Musikhochschule. Kinder sollen durch Wim erfahren, wie viel Spaß es macht, sich zu Musik zu bewegen. Sie sollen Musik als persönliche Bereicherung kennen lernen – und entdecken, womit alles musiziert werden kann. Wie leicht lässt sich etwas ein hohler Gegenstand zur Trommel umfunktionieren! Singen und Musizieren, erfuhren die kleinen WIM-Teilnehmer, kann Lebensqualität und Lebensfreude beträchtlich steigern.

Und was wird aus den Drittklässlern, die eineinhalb Jahre WIM hinter sich haben? „Sie werden vor Ort weiter individuell begleitet“, so Busch. Zum Beispiel wird überlegt, wo in der Region ein Kind sein Wunschinstrument lernen kann. Im zweiten Halbjahr dieses Schuljahres wird das Projekt fortgesetzt. Neue erste Klassen der bisher beteiligten Schulen starten eine zweite WIM-Phase. Aber es konnten auch neue Grundschulen gewonnen werden. So ist mit der Grundschule in Lohr erstmals eine Schule aus dem Spessart integriert. Tandempartnerin ist Petra Breitenbach, Stellvertretende Leiterin der Sing- und Musikschule sowie Dirigentin des Lohrer Zupfensembles.

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