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Brücke im Bau, Tunnel vor Gericht

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Dresden (ddp-lsc). Im Dresdner Brückenstreit ist kein Ende in Sicht. Zwar wird der Stadtrat am Dienstagabend über ein Bürgerbegehren für den Bau eines Elbtunnels anstelle der Waldschlößchenbrücke entscheiden - und dabei aller Voraussicht nach eine Abstimmung der Bürger befürworten. Nach Lage der Dinge wird dies jedoch nur der Anfang sein für eine neuerliche Abfolge von Parlamentsbeschlüssen, Widersprüchen und Gerichtsurteilen.

Auch der bevorstehende Machtwechsel in der Dresdner Staatskanzlei wird an der verfahrenen Situation nichts ändern. Mit einem schlichten Satz hat Sachsens designierter Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) seine Haltung zum Bau der Waldschlößchenbrücke zu erkennen gegeben: «Wie wir wissen, freut sich die Mehrheit der Dresdner darüber», sagte Tillich in der vergangenen Woche - und bleibt damit ganz auf der Linie der Union unter dem noch fünf Wochen lang regierenden Georg Milbradt.

Die CDU bildet gemeinsam mit der FDP und dem ADAC das Bündnis der «Brückenbauer». Gern verweist es auf Meinungsumfragen, nach denen die Mehrheit der Dresdner weiterhin Brücke statt Tunnel wolle - und darauf, dass die Brücke schon seit November 2007 gebaut wird.

Im Stadtrat haben die «Brückenbauer» jedoch keine Mehrheit, sondern die «Welterbe-Befürworter», wie sich das Lager der Brückengegner selbst nennt. Es wird wohl dafür sorgen, dass das Bürgerbegehren am Dienstag für zulässig erklärt wird, den rechtlichen Bedenken von Regierungspräsidium und Stadtverwaltung zum Trotz.

Das Rathaus hatte zwar moniert, dass der Kostendeckungsvorschlag für den Elbtunnel nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge und dieser viel teurer werde als von seinen Befürwortern angegeben. Diese legten nun aber rechtzeitig vor der Stadtratssitzung ein gegenteiliges Rechtsgutachten vor, das die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens belegt. Die Stadt setze die Kosten für den Tunnel um 30 Millionen Euro zu hoch an - und zugleich zu niedrige Kosten für die Brücke, heißt es darin.

Tatsächlich ließ am Wochenende nach dem aus Sachsen stammenden Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee erstmals auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (beide SPD) verlauten, dass Sachsen und Dresden nicht allein die zusätzlichen Kosten für einen Tunnel tragen müssten - einen «namhaften Anteil» davon könne der Bund übernehmen. Nachdem die UNESCO jede Brückenlösung ablehne, müsse die Tunnelalternative vom Freistaat und von Dresden sorgfältig geprüft werden, forderte Zypries.

Den Brückengegnern läuft indes die Zeit davon. Stadtrat Rainer Kempe (Linke), der im Brücken-Streit die Mehrheit der linken Fraktionen organisiert, warnt die Stadtverwaltung davor, «mit zweierlei Maß zu messen». Das Bürgerbegehren für den Elbtunnel sei rechtlich mindestens so gut bedacht worden wie das für die Waldschlößchenbrücke in der zweiten Jahreshälfte 2004. Dieses führte damals zu dem Bürgerentscheid im Februar 2005, bei dem die meisten für die Brücke stimmten - allerdings ohne wissen zu können, dass damit der Welterbetitel in Gefahr gerät.

Die Brückengegner verweisen darauf, dass das Dresdner Elbtal nur bei einer unterirdischen Flussquerung seinen Titel behalten kann. Den Dresdnern bliebe dafür Zeit bis Juli. Dann will das UNESCO-Welterbekomitee sich im kanadischen Quebec entscheiden.

Dass die Landeshauptstädter ihren Willen bis dahin in einem Bürgerentscheid bekunden dürfen, gilt als ausgeschlossen - es sei denn, Rathaus und Regierungspräsidium verzichteten auf Rechtsmittel. Davon geht indes nicht einmal Kempe aus. Er rechnet damit, dass die Angelegenheit vor Gericht landet - Ausgang ungewiss.