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Eine etwas andere Frauenzeitschrift

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Berlin (ddp). Zu Beginn landete die «Gazelle» in den Kiosken schon mal zwischen Porno- oder Diätheften. Offenbar passte ein «multikulturelles Frauenmagazin» in keine Schublade. Gründerin Sineb El Masrar gab aber nicht auf - obwohl der Verkauf «ziemlich grausam» war, die Anzeigenkunden fehlten und das erste Exemplar aussah «wie 1972 gedruckt», wie sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp sagte.

Die 26-jährige Blattmacherin aus Berlin wünscht sich, "dass das Heft irgendwann ganz selbstverständlich neben den anderen Frauenzeitschriften wie ´Brigitte´, ´Petra´ oder ´Freundin´ liegt».

Mit der aktuellen, erst vierten Ausgabe (Juni-August) ist erstmals eine eigene Chefredakteurin mit an Bord, vorher hatte El Masrar alle Aufgaben in Personalunion übernommen. Auch die «Männerseiten» mit einem Porträt über den Weitspringer Kofi Amoah Prah haben Premiere.

Die Themenpalette in der «Gazelle» ist breit, die Qualität der Beiträge zuweilen unterschiedlich. In Heft vier gibt es neben einem Interview mit der früheren Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth die Titelgeschichte über Brasilien, einen Erfahrungsbericht über einen Schüleraustausch mit dem Irak, ein Porträt über Moderatorin Mo Asumang, Reportagen aus dem ersten muslimischen Fitness-Studio für Frauen in Köln sowie über eine «Brautschau in Kaliningrad» sowie weitere Beiträge etwa aus den Rubriken «Leben in Deutschland», «Mode und Schönheit», «Familie und Partnerschaft» und «In fremden Töpfen».

Die «Gazelle» sei die einzige Frauenzeitschrift, die er lese, schrieb Autor Roger Willemsen in Ausgabe Nummer drei. «Von ´Verständigung´ und ´Dialog´ wird gerne geleitartikelt - hier findet er wirklich statt», lobte er. Und die Berliner Hip-Hop-Musikerin Sahira Awad befand, das Heft spiegle «die Freuden und Sorgen unserer Generation wider».

12 000 Exemplare umfasst die aktuelle Auflage nach 10 000 zum Start im Juli 2006, den El Masrar drei Jahre vorbereitet hatte. Die Finanzierung brachte sie selbst auf. Neun Monate brauchte die junge Herausgeberin danach, um wieder genug Geld für das nächste Heft zusammenzubekommen. Nach wie vor ist das Geschäft hart. Doch El Masrar glaubt an ihr Konzept, das nach ihren Angaben hierzulande ganz neu ist.

Auch El Masrar, die mit 16 die Schule verließ und Ausbildungen als Kauffrau und Erzieherin absolvierte, las als Jugendliche zuweilen Mädchenzeitschriften und die «Bravo». «Mir ist sehr früh aufgefallen, dass ich mich in keinem Medium wiederfinden konnte», sagt die Tochter marokkanischer Eltern, die in Deutschland geboren wurde und einen deutschen Pass hat. «Da wurde nicht auch mal eine Fatma gefragt. Das waren immer Britta, Claudia, Sybille und Cindy.»

Auch später habe ihr der «differenzierte Blick» gefehlt. Also wurde sie selbst aktiv. Viele Leserinnen seien multiethnisch, viele Frauen hätten binationale Partnerschaften. Es gebe Konflikte und Unterschiede, aber es gebe auch viele Gemeinsamkeiten, findet sie.

«Wir werden jetzt nicht die Welt verändern, aber vielleicht bei dem einen oder anderen ein bisschen die Perspektive erweitern», sagt sie. Dass das Heft eher gebildete Frauen anspricht, räumt die Herausgeberin ein. Doch sie hofft, dass «aufgeschlossene» Frauen und Männer andere im Familien- oder Freundeskreis beeinflussen könnten. Ganz generell findet sie: «Man muss sich nicht entscheiden, deutsch oder Migrant zu sein».

Fortan soll die «Gazelle», die unter anderem im Bahnhofsbuchhandel zu haben ist, in engerem Erscheinungsrhythmus herauskommen, die nächste Ausgabe im Oktober. Dabei hofft El Masrar auf mehr Anzeigenkunden und einen guten Verkauf. Die laufende und die nächste Ausgabe würden schon ein bisschen über die Zukunft des Blattes bestimmen.