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Globale Gedankenmuster

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Künstler zeigt Gehirnaktivitäten von sechs Musikern auf der ganzen Welt während eines gemeinsamen Konzerts


Braunschweig (ddp-nrd). Gedanken lesen kann Martin Schöne nicht. Aber er kann sie sichtbar machen. Mithilfe von Wasser, Lautsprechern und medizinischem Gerät zeigt der Künstler der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig, was in unseren Gehirnen vor sich geht. Für den kommenden Freitag hat Schöne eine Weltpremiere geplant: Er will die Gehirnaktivitäten von gleich sechs Musikern, die an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt sitzen, sichtbar machen. Diese sollen sich dann zu einem Bild zusammenfügen, während die Musiker ein Konzert zusammen spielen, das an allen sechs Orten, unter anderem in Braunschweig, zu sehen sein wird.

«Ich fand den Gedanken sehr schön, dass man versucht, die räumlichen, kulturellen und zeitlichen Unterschiede zu betonen und daraus dann trotzdem ein gemeinsames Bild erzeugt», sagt Schöne. Seit 2001 arbeitet der Künstler innerhalb eines Projekts an der Kunsthochschule am Sichtbarmachen von Gehirnaktivitäten. Dazu entwickelte er seinen «Brain-Avatar», den er 2006 auch als Patent angemeldet hat.

Auch wenn der Name ein wenig an Science-Fiction erinnert – der Aufbau des Geräts ist relativ einfach. Durch Elektroden am Kopf werden die Gehirnströme mit einem EEG gemessen. Diese Signale werden an einen Lautsprecher übertragen, und die so erzeugten Klänge bringen dann Wasser in einer Schale zum Schwingen. Die Gedanken werden dann als Wellenmuster auf der Wasseroberfläche visualisiert. «Natürlich sieht das in unserem Kopf ein wenig anders aus, aber es kommt dem Ganzen doch sehr nahe», sagt Schöne.

Für das «Global Brain Sounds»-Konzert am Freitag hat Schöne fünf EEG-Geräte in die ganze Welt verschickt. In einer rund dreißig Zentimeter breiten Kiste erhielten die Musiker in Brüssel, New York, Schanghai, Kairo und Montevideo die Vorrichtung. Der sechste Musiker kommt aus Braunschweig. Bei dem Konzert wird dann jeder der sechs Musiker zunächst solo auftreten, zum Finale um Mitternacht musizieren alle zusammen.

Die mit dem EEG erfassten Gehirnströme werden dabei zusammen mit der Musik per Internet und damit nahezu in Echtzeit nach Braunschweig übertragen. Der «Brain-Avatar» erzeugt daraus in einer großen Schale mit Wasser ein gemeinsames Bild der Gedanken aller sechs Musiker. Die Schale muss dabei speziell beleuchtet werden, damit die Resonanz der Gedanken auch sichtbar wird.

Schöne betrachtet seine Projekte nicht nur als Spielerei und will mehr erreichen als lediglich eine ästhetische Erfahrung. Es gehe darum, dem Laien verständlich zu machen, dass jeder Mensch unbewusst Informationen sendet, sagt er. Für das Konzert sei dies besonders spannend. «Wir werden also direkt sehen, ob die Musik uns Menschen zusammenbringt oder nicht.»

Julia Spurzem