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Übersee (ddp-bay). Der 18-jährige Foley und seine Kumpels freuen sich auf «viel Gekiffe und Gesaufe». Sie stehen am Donnerstag am Münchner Hauptbahnhof, neben dem Zug in Richtung Chiemsee Reggae Festival, und lassen sich das erste Bier schmecken.
Schon im vergangenen Jahr fanden sie das Musik-Festival trotz Regens «geil», mit totalem «Absturz». Wie zur Bestätigung übergibt sich gleich daneben schon der erste auf den Bahnsteig. Foley sieht´s gelassen: «Der braucht nur eine halbe Stunde, dann geht´s ihm wieder gut.»Anzeige
Rund 25 000 Fans feiern von Freitag bis Sonntag den 14. Chiemsee Reggae Summer. Der Ruf des Festivals als Drogenhochburg ist nach Ansicht von Festival-Sprecher Michael Buchholz übertrieben. «Wir hatten in den Anfangsjahren eher das Problem», räumt er ein. Mittlerweile sei das Publikum bunt gemischt, weil nicht mehr nur Reggae-Bands auf die Bühne kommen. «Die wahren Rastas« ziehen laut Buchholz tatsächlich Joints dem Alkohol vor. Inzwischen tauchten aber eher Schwierigkeiten mit «jugendlichen Komasäufern» auf. Gegen die Betrunkenen, die «Weiber angrapschen», «irgendwo hinkotzen» oder auf sonstige Weise andere belästigen, wollen die Veranstalter rigoros vorgehen: Die Betroffenen erhalten für 24 Stunden ein gelbes Armband und dürfen damit nicht mehr auf das Bühnen-Gelände.
Der Traunsteiner Polizeisprecher Fritz Braun berichtet von 200 Drogenfällen, die die Beamten im vergangenen Jahr aufgedeckt hätten. Sie fanden 44 Joints, 56 Gramm Haschisch, 32 Gramm Marihuana, 16 Gramm Speed und neun Ecstasy-Tabletten - im Vergleich zum Vorjahr relativ wenig, betont Braun. Die Polizei stellt sich auf Alkohol und Drogenfälle ein: Rund 100 Beamte sind rund um die Uhr auf dem Festivalgelände im Einsatz, Kontrollen gibt es an allen Festivalzugängen. Nach Ansicht von Buchholz ist es für die Polizeikontrollen außerdem vorteilhaft, dass etwa zwei Drittel der Besucher mit dem Zug kommen. «Das ist doch ein gefundenes Fressen für die», winkt er ab.
Zwei Polizisten aus Traunstein sind als Jugend- und Präventionsbeamte im Einsatz. «Die übernehmen die aufgegriffenen Jugendlichen», schildert Braun. Diejenigen, die Drogen konsumiert haben. Die Spezialisten leisten «polizeiliche Sozialarbeit», wie Braun es nennt: Sie verständigen die Eltern, die oft ziemlich sauer auf ihre Sprösslinge sind, und schlichten Streit, «damit die Jugendlichen wieder nach Hause gehen können». Im vergangenen Jahr mussten die beiden Beamten 30 Betroffene betreuen. «Das geht am laufenden Band», sagt Braun.
Aus Sicht der Veranstalter läuft es seit zwei, drei Jahren ganz gut mit der Polizei. Davor, deutet Buchholz an, habe es mal Probleme gegeben. Jetzt setzen die Veranstalter auf Gelassenheit unter dem Motto: «Do reggae mi net auf.» Buchholz, der seit 13 Jahren das Festival besucht, konzentriert sich lieber auf die Musik. Als Highlights der drei Tage gelten die Auftritte von Shaggy, Morgan Heritage, Patrice und Culcha Candela. «Und für den wahren Roots-Fan kommt auch ein richtiger Gott: Ijahman Levi», schwärmt Buchholz. Ein Musiker, der sehr selten nach Europa komme, ein «sehr spiritueller Künstler». Buchholz freut sich «wie ein Schnitzel».
Auch Jo aus Petershausen will »wegen der Musik« zum Festival »und wegen der Stimmung«. Tief hängen die Rastalocken dem 15-Jährigen ins Gesicht, gemütlich schlendert er zur Bahn. Zu Thema Drogen gibt er »keinen Kommentar». Er grinst nur.