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Konzert mit halber Besetzung - Orchester kündigen Warnstreiks an

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Berlin (ddp). Die Musiker der deutschen Kommunal- und Staatsorchester drohen mit Warnstreiks. Damit reagierten sie auf Versuche, die Musikergehälter von der Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes abzukoppeln, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV), Gerald Mertens, am Dienstag in Berlin.

Anlass sei die Weigerung des Deutschen Bühnenvereins (DBV), die zu Jahresbeginn erfolgte Lohnerhöhung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auch auf das künstlerische Personal der Staatstheater zu übertragen.

Zunächst werde es nur Warnstreiks in Form von Probenkürzungen, verspätetem Konzertbeginn oder Auftritten mit halber Besetzung geben. «Unser Grundsatz ist es, mit den Aktionen nicht das Publikum zu treffen», sagte Mertens.

Bis 2005 waren die Orchestervergütungen den Angaben zufolge an die Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes gekoppelt. Bei neuen Lohnabschlüssen vereinbart nun der Bühnenverein mit den Künstlergewerkschaften eine Übertragung auf das künstlerische Personal. Nun sollen nach den Vorstellungen des DBV Orchestermusiker bei divergierenden Lohnabschlüssen für Bund, Länder und Kommunen immer den «kleinsten gemeinsamen Nenner», also den jeweils geringsten Lohnzuwachs, erhalten.

Damit aber würden die Orchester dauerhaft von der durchschnittlichen Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst abgekoppelt, betonte Mertens. «Die normale Tariferhöhung des öffentlichen Dienstes, die auch Verwaltungsangestellte und Bühnenarbeiter bekommen, muss auch für die Musiker gelten, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Orchester erhalten bleibt." Schon die zu Jahresbeginn erfolgte Lohnerhöhung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den alten Bundesländern von 2,9 Prozent (neue Länder: 1. Mai 2008) gelte nicht für die künstlerisch Beschäftigten der Staatstheater. Seit dem 10. Januar laufen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst Bund und Kommunen.

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Auf die durch die Deutsche Orchestervereinigung angekündigten Warnstreiks und die Behauptung, die Arbeitgeberseite beabsichtige eine Abkopplung der Musikergehälter von der Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes, reagierte der Deutsche Bühnenverein mit folgender Pressemeldung:

Bühnenverein fordert Musikergewerkschaft auf, an Verhandlungstisch zurückzukehren
In den Tarifverhandlungen über die Reform des Tarifvertrages für Musiker in Kulturorchestern TVK hat der Deutsche Bühnenverein heute die Musikergewerkschaft Deutsche Orchestervereinigung (DOV) aufgefordert, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Diesen hatte die DOV in der letzten Verhandlung am 24. April 2007 ohne weitere Erklärung verlassen. Seitdem ruhen die Gespräche. Für völlig absurd hält der Bühnenverein die Ankündigung der DOV, Warnstreiks durchzuführen. "Wir wollen die Künstler ja gerade nicht von den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes abkoppeln, sondern - wie auch in den vergangenen Jahren – diese Tarifabschlüsse für das künstlerische Personal der Theater und Orchester, also auch für die Orchestermusiker übernehmen," so Rolf Bolwin, Direktor des Bühnenvereins, heute in Köln.
"Dies ist jedoch erst möglich, wenn die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst insgesamt abgeschlossen sind." Bekanntlich verhandeln zurzeit noch Bund und Kommunen über einen Tarifabschluss.

Darüber hinaus werden die Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst in diesem Jahr auf der Grundlage von reformierten Tarifverträgen gezahlt. In diesen reformierten Tarifverträgen wurde unter anderem das 13. Monatsgehalt gekürzt, das Urlaubsgeld abgeschafft, die Arbeitszeit teilweise neu geregelt und eine leistungsbezogene Vergütung eingeführt. Auch der für Schauspieler, Sänger und Tänzer geltende Tarifvertrag NV Bühne wurde zwischenzeitlich reformiert. Insofern können auch bei den Orchestermusikern Lohnerhöhungen erst in Betracht kommen, wenn die Verhandlungen über die Reform des TVK abgeschlossen sind. Der Bühnenverein ist jederzeit bereit, diese Verhandlungen fortzuführen.

Die Deutsche Orchestervereinigung hatte auf der heute stattgefundenen Jahrespressekonferenz Warnstreiks angekündigt mit der Behauptung, die Arbeitgeberseite beabsichtige eine Abkopplung.


s. auch Pressemeldung des DBV vom 17.1.08:
Bühnenverein: Acht Prozent Lohnerhöhung nicht möglich