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Gegründet 1963 von der Ford-Foundation als Artists-in-Residence-Programm und 1964 vom DAAD übernommen, liest sich die Liste der Stipendiaten wie das „Who is Who“ der Künste. Im Bereich Musik waren Cage, Feldman, Kurtág, Ligeti, Nono, Yun und viele mehr Gäste des Künstlerprogramms in Berlin. Aus aller Welt bewerben sich Komponisten um die „Berlin-Stipendien“. Mit Nele Hertling, Grande Dame der West-Berliner Kulturpolitik und seit 2003 Direktorin des Berliner Künstlerprogramms, sprach Kathrin Hauser-Schmolck.
Welche Rolle spielt das Berliner Künstlerprogramm heute? Wie präsent ist es in der Berliner Kultur?Nele Hertling: Seit der Wende geriet es ein bisschen unter die sich verändernde Oberfläche und verlor an Sichtbarkeit in der Stadt. Vor allem natürlich dadurch, dass Berlin sehr viel mehr Veranstalter hat, ein verändertes Publikumsverhalten und neue Formen der Präsentation in Hülle und Fülle. Der Glanz kommt heute von anderen Seiten und er kommt von selbst. Aber letztendlich hat man sich dann doch entschieden, das Künstlerprogramm zu behalten, wozu sicher auch beitrug, dass viele Künstler während ihrer Zeit hier ihre große internationale Bedeutung gewannen und Ruhm und Ehre auch auf das Künstlerprogramm lenken. : Nach 25 Jahren Akademie der Künste und 15 Jahren Intendanz des Hebbel-Theaters sind Sie jetzt Direktorin des Künstlerprogramms. Sie machen das ehrenamtlich?
: Ja. Ich bin, glaube ich, ein Testfall. Es ist wohl wirklich der Versuch, das Künstlerprogramm im Sinne von Glanz und Sichtbarkeit ein bisschen hochzuziehen, ohne gleich eine Stelle einzurichten. Deswegen wurde ich gefragt, weil ich eine Fülle von Kontakten mitbringe. : Was sind Ihre Ziele?
: Einer meiner ersten Wünsche war es, die Jurys ein bisschen schneller und gravierender umzugestalten. Am Anfang war die Konstanz sehr wichtig. Die Juroren waren gleichzeitig aufgefordert, über ihre eigenen Institutionen den Künstlern den Weg in die Realität Berlins zu öffnen, also waren immer Redakteure der Sender oder Veranstalter dabei. Das ist mehr und mehr weggefallen, weil die Szene breiter wurde. Je internationaler die Jury, desto breiter der Horizont. Wir machen keine Kulturpolitik und auch kein Intendantenprogramm, sondern wir sind davon abhängig, gute Juroren zu haben. Nur dadurch kann eine hohe Qualität der Auswahl garantiert sein. Mein Ziel ist auch, das Programm als Ganzes wieder stärker zu bewerben. Wichtig sind außerdem die Kontakte zu Institutionen, zu Stiftungen, zu Botschaften – das hilft, das Programm wieder bekannter zu machen und ihm eine größere Arbeitsfähigkeit durch Kooperationsangebote zu verschaffen. : Wie sehen Sie denn die Perspektiven des Berliner Künstlerprogramms?
: Ich glaube nicht, dass das Künstlerprogramm im Moment in akuter Gefahr ist, es gerät jedoch in massive planerische Schwierigkeiten. Die Zukunft der kulturellen Außenpolitik insgesamt allerdings sehe ich mit Sorge. DAAD und auch das Künstlerprogramm hängen am Auswärtigen Amt und damit an der Entwicklung der kulturellen Außenpolitik, die ich unverständlich finde: dass in einem Moment, wo Europa nun zusammenwachsen soll, auswärtige Kulturpolitik so beschränkt wird. : Laden die Berliner Orchester die gleichen Komponisten ein wie das Künstlerprogramm? Macht Ihnen die Konkurrenz in Berlin zu schaffen?
: Ich sehe das Künstlerprogramm eher als hilfreichen Partner für andere Institutionen, die sich über unsere Kurzeinladungen auch mal einen Künstler wünschen können. Daneben gibt es ja die Wiedereinladungen und die Jahresstipendien. Und es ist für viele eine große Chance, ein ganzes Jahr einen Komponisten hier in Berlin zu haben. Insofern haben wir eigentlich das glückliche Gefühl, nicht in einer konkurrierenden Situation zu sein. Nur bei der Geldbeschaffung sind wir Konkurrenten, aber nicht in der täglichen Arbeit. Das ist sehr angenehm.