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Rettet Kleine Hufeisennase Welterbetitel?

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Dresden (ddp). Der Bau der Dresdner Waldschlößchenbrücke steht wieder auf der Kippe. Am Donnerstag stoppte das Verwaltungsgericht Dresden vorläufig den für Montag geplanten Baubeginn. Das Gericht folgte damit einem Eilantrag von Naturschützern gegen die umstrittene Querung durch das UNESCO-geschützte Elbtal.

Während Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) eine Beschwerde des Regierungspräsidiums in Aussicht stellte, forderten Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (beide SPD), das Votum als letzte Chance für einen Kompromiss zu begreifen.

Das Regierungspräsidium Dresden kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen einlegen. Es gilt als sicher, dass eine Beschwerde erfolgt.

Drei Verbände hatten sich gegen den Planfeststellungsbeschluss gewandt, weil der Bau ihrer Meinung nach den Lebensraum der vom Aussterben bedrohten Fledermausart Kleine Hufeisennase gefährdet. Nach Ansicht des Gerichts ist der Wissensstand über die seltene Fledermausart und die Auswirkungen des Brückenbaus an der Elbe auf die Tiere noch lückenhaft. Es fehle bislang der Nachweis, dass die ergriffenen Schutzmaßnahmen - wie beispielsweise eine insektenfreundliche Beleuchtung - nachhaltig seien, hieß es. Die vorliegenden Gutachten zum Verhalten der Kleinen Hufeisennase seien unzureichend begründet und teilweise widersprüchlich.

Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) akzeptierte, dass das Baurecht vorübergehend aufgehoben ist. Er kündigte an, die Stadt werde jetzt abwarten, ob das Regierungspräsidium Beschwerde einlege. Feßenmayr will am Freitag eine weitere Stellungnahme abgeben.

Gerichtssprecher Andreas May sagte, die Angelegenheit könne im äußersten Fall bis vor das Bundesverwaltungsgericht kommen. Dann könne es Jahre dauern, bis eine Entscheidung falle. Bis zu dieser dürfe auch nicht gebaut werden. Ausschlaggebend sei zunächst, wie das OVG in Bautzen im Falle einer Beschwerde entscheide. Wenn das OVG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden bestätige, dürfe vorerst nicht gebaut werden. Wenn das OVG den Dresdner Richterspruch hingegen revidiere, könnten die Baumaschinen ohne weiteren Verzug anrollen. Dagegen gäbe es dann keine Rechtsmittel mehr, weil ein solcher Beschluss rechtskräftig wäre.

Wirtschaftsminister Jurk sieht in der Entscheidung vom Donnerstag die «vielleicht letzte Chance», einen Kompromiss zwischen dem Erhalt des Weltkulturerbetitels und dem Bürgerentscheid von 2005 für eine neue Elbequerung zu finden. Die gewonnene Zeit müsse jetzt genutzt werden. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) bezeichnete den Beschluss als «nochmalige Chance». Er appellierte erneut und «flehentlich» an Milbradt, sich an der Suche nach einem Kompromiss zu beteiligen. Tiefensee sagte, «bis zum 1. Oktober sollte eine vernünftige und gangbare Alternative vorgelegt und ein Konsens gefunden werden». Dies entspricht der Frist der UNESCO für einen Kompromissentwurf.

Der Vizevorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Arnold Vaatz (CDU), hält die Entscheidung hingegen für ein Fehlurteil: «Ich hoffe, dass das Regierungspräsidium gegen diesen Gerichtsentscheid in Berufung geht.»

Nach den Plänen der Stadt sollte der Bau am kommenden Montag beginnen. Dem Elbtal hätte damit der Verlust des Welterbetitels gedroht.


Kleine Hufeisennase in vier Daten
- die Kleine Hufeisennase ist eine seltene Fledermausart

- in Sachsen ist sie im Elbtal und im Osterzgebirge anzutreffen

- seit 1991 steht sie auf der «Roten Liste» der vom Aussterben
bedrohten Arten

- sie ist lediglich 4 cm lang (Flügelschlag 25 cm), wärmeliebend und legt ihre Wochenstube in den Monaten Mai bis September an