Hauptrubrik
Banner Full-Size

"Rigoletto" statt "Boris Godunov" - Haushaltsperre an der Staatsoper München

Publikationsdatum
Body

Die Wirtschaftskrise hat jetzt auch die Bayerische Staatsoper erreicht. Erstmals in ihrer Geschichte habe das Finanzministerium für die renommierte Münchner Spielstätte eine Haushaltssperre verhängt, sagte Intendant Sir Peter Jonas.

München (ddp-bay). Sein Haus müsse jetzt wirklich jeden Cent umdrehen. Erstes Opfer der Haushaltssperre sei die geplanten Neuinszenierung von Modest Mussorgskys Monumentaloper «Boris Godunow» geworden, ein Wunschprojekt von Generalmusikdirektor Zubin Mehta. Stattdessen werde nun der technisch einfacher und billiger zu realisierende «Rigoletto» von Giuseppe Verdi realisiert. «Das war eine sehr schmerzhafte Entscheidung», sagte Jonas.

Gut entwickelt habe sich dagegen das von der Staatsoper angestoßene Sponsoring-Programm. Dabei setzte man vor allem darauf, neben den bereits aktiven Großsponsoren wie Audi oder der HypoVereinsbank viele kleinere und mittlere Geldgeber zu gewinnen. Zurzeit gebe es schon 20 Sponsoren, die Beträge von 5 000 bis 25 000 Euro pro Jahr spendeten. «Damit wollen wir Dinge finanzieren, die nicht zum absoluten Kerngeschäft gehören», sagte Jonas. Er warnte davor, sich nur auf wenige Großsponsoren zu verlassen. So habe etwa die New Yorker Metropolitan Opera in diesem Jahr ein hohes Defizit ausweisen müssen, weil große Spendensummen wegen der wirtschaftlichen Krise und der Folgen des 11. September nicht geflossen seien.

In der Diskussion um den Erhalt der drei Berliner Opernhäuser übte Jonas scharfe Kritik an Politikern in Bund und Ländern. Es sei «offenbar sehr verführend», die Berliner Opernsituation als politischen Nebenkriegsschauplatz zu inszenieren. «Oper ist sehr sexy und macht viele Schlagzeilen, die von den eigentlichen Problemen ablenken», sagte Jonas. Die Entscheidung des Berliner Senats, dem amtierenden Intendanten der deutschen Oper Berlin, Udo Zimmermann, den Wiener Staatsopernchef Ioan Holender als «Berater» an die Seite zu stellen, wertete Jonas als «Affront» für das ganze Haus. Das sei «wirklich nicht in Ordnung».

Sorge bereitet Jonas der mangelnde Intendanten-Nachwuchs. Es fehle eine ganze Generation, die offenbar während des Internet- und Medienbooms der 90er Jahre nicht den Weg ans Theater gefunden habe. Jetzt gebe es nur noch «einen sehr kleinen Kreis» von Fachleuten, die in Frage kämen, wenn neue Stellen besetzt werden müssten.

Georg Etscheit