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München (ddp-bay). Die Stargeigerin und neue Trägerin des Ernst von Siemens Musikpreises, Anne-Sophie Mutter, kritisiert die musikalische Früherziehung in Deutschland als völlig unzureichend. Musikalische Fähigkeiten würden in Deutschland viel zu spät und nicht konsequent genug gefördert, sagte Mutter am Freitag in einem ddp-Interview in München.
«Schon im Kindergarten müsste intensiv mit Gehörbildung, dem Erkennen von Tonhöhen und gemeinsamen Singen begonnen werden», mahnte Mutter, «das ist viel sinnvoller, als die Kinder nur zu beschäftigen.» Mit 14 Jahren hätten sich entscheidende «Bewusstseinsfenster» zur Wahrnehmung von Musik bereits wieder geschlossen.Der Politik warf Mutter vor, die jungen Menschen «nur zum schnellen Geldverdienen» auszubilden. «Der Mensch definiert sich doch vor allem über seine geistigen Fähigkeiten, über Fantasie, Kreativität und Emotionen.» Die Förderung dieser Fähigkeiten im Kunst- und Musikunterricht komme aber viel zu kurz. Beinahe grotesk findet es Mutter, dass Schüler in der Oberstufe ein kreatives Fach - Kunst oder Musik - abwählen könnten. «Das ist so, wie wenn man zwischen Blindheit und Taubheit wählen sollte.» Es sei überdies schade, dass Musik- und Kunsterziehern von den Schülern so wenig Respekt entgegengebracht werde.
Ihre am Freitag bekannt gegebene Auszeichnung mit dem renommierten Ernst von Siemens Musikpreises 2008 sei für sie eine große Ehre, sagte Mutter: «Ich bin überwältigt, in einer solch illustren Reihe von Preisträgern zu stehen.» Bisherige Preisträger waren unter anderem der Komponist Benjamin Britten, der Dirigent Herbert von Karajan sowie der Geiger Yehudi Menuhin und der Pianist Alfred Brendel. Mit der Auszeichnung wird neben Mutters herausragender künstlerischer Arbeit auch ihr Engagement für die musikalische Nachwuchsförderung gewürdigt.
s. auch: Pressemeldung zum Siemens Musikpreis 2008