nmz 2000/10 | Seite 24
49. Jahrgang | Oktober
Vital, dynamisch, kreativ und preiswürdig
Nachbetrachtung zum 5. Deutschen Orchesterwettbewerb in Karlsruhe
Wer wissen möchte, was in der Musikszene wirklich abgeht, der darf nicht Bayreuth oder Salzburg zum Maßstab nehmen und auch nicht die Luxusprobleme der Berliner Philharmoniker. Die Musik spielt woanders. Zum Beispiel beim Deutschen Orchesterwettbewerb.
Dabei ist es nicht die Masse von 5.000 Teilnehmern, die beeindruckt, sondern die Qualität des Musikmachens, die dem landläufigen Begriff von „Amateur“-Musik Hohn spricht. Dazu die Qualität, Vielfalt und Breite der Musik an sich, die etwa die Musikprogramme der Kulturradios und -wellen mit ihrer einseitigen Ausrichtung auf Oper, Sinfonik und Kammermusik zu Nischenverwaltern degradiert.
Schließlich die Jugendlichkeit dieser Veranstaltung: drei Viertel aller Teilnehmer fallen unter die Altersgrenze des typischen Konzertbesuchers, den man allerorten bereits aussterben sieht. Nein, von Krise kann keine Rede sein. Man sieht hier, wie auch bei “Jugend musiziert”: junge Leute machen mehr, besser und aufgeschlossener denn je Musik, übrigens nicht in abgrenzender Distanz zur älteren Generation, sondern durchaus gemeinsam mit ihr. Sie nutzen die bestehenden Institutionen und gestalten sie nach ihren Vorstellungen weiter.
Insgesamt waren 121 Orchester aus allen sechzehn Bundesländern nach Karlsruhe gekommen. Das ist die 0,5 Prozent starke Spitze von über 23.000 Amateur-Orchestern, die es in Deutschland gibt. Alle Orchester, die sich zuvor in Landeswettbewerben qualifizieren mussten, erhalten eine Geldprämie. Sonderprämien für hervorragende Interpretationen zeitgenössischer Musik stifteten die Stadt Karlsruhe und der Badische Sparkassen- und Giroverband. Eine Anzahl von Dirigenten wird Stipendien zur Fortbildung erhalten. Finanziert wurde das Spektakel vom Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien. Schade, dass der gebeutelte Staatsminister und Kulturbeauftragte auf einen Besuch verzichtete.
Preisträger des Deutschen Orchesterwettbewerbes sind:
- A1 Sinfonieorchester: Akademisches Sinfonieorchester München, Jugendsinfonieorchester Weber-Gymnasium Dresden
- A2 Kammerorchester: Kammerorchester an der Uni Karlsruhe, Kammerorchester Belvedere Weimar, Jugendkammerorchester der MS München
- B1 Blasorchester: Orchesterverein Hilgen 1912, Musikverein „Viktoria” Altenmittlau, Bläserphilharmonie Wertingen
- B2 Blechbläserensembles/Posaunenchöre: Evang. Posaunenchor Hambach-Winzingen
- C1 Zupforchester: Mülheimer Zupforchester, Ensemble Roggenstein, Fürstenfeldbruck, Mandolinen- und Gitarrenorchester 1924 Ötigheim, Mandolinen-Konzertgesellschaft Wuppertal, Thüringer Zupforchester Musikschule Erfurt
- C2 Zitherensembles: Zitherorchester München-Pasing
- C3 Gitarrenensembles: ·Gitarren-ensemble Meitingen MS Reischenau, Gitarrenensemble Rheine 1983, Calwer Gitarrenensemble, Gitarren-ensemble der Musikschule Bielefeld
- D Akkordeonorchester: Akkordeonorchester Untergrombach, Akkordeon-Orchester Oberhausen, 1. Akkordeonorchester der Musikschule Düren, Berliner Akkordeonkinder, Jugend-Akkordeonorchester Kammeltal
- E Jazzorchester: IKS Big Band, The Blue Note Big Band, Big Band des Albert-Einstein-Gymnasium Böblingen