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Heiße Proben bis vor Mitternacht

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Das BJO bei einer Sonderarbeitsphase für Arte: „Stars von morgen“
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Manchmal reichen in der Tat einige Minuten, um festzustellen, ob jemand sein Instrument beherrscht. „Danke, das genügt“, lautet dann der alles entscheidende Satz für bestanden oder nicht bestanden. Ob allerdings fünf Minuten ausreichend sind, junge Nachwuchskünstler umfassend und vor allem mit dem ihnen gebührenden Respekt vorzustellen, darf zurecht bezweifelt werden. Wie viel Fleiß, wie viel Aufopferung und Verantwortung es von Schülern, Eltern und Lehrern bedarf, um im Dienste der Musik Höchstes zu erreichen, wissen nur die direkt Betroffenen – die anderen mögen es erahnen. Zwölf Solisten, dazu das Bundesjugendorchester als Begleitorchester, aber auch als „Star by its own“ für vier Sendungen mit 30 Minuten Musik und 15 Minuten Moderation – ob da weniger nicht (entschieden) mehr gewesen wäre? Das BJO hatte sich kurzfristig für das Fernsehprojekt „Stars von morgen“ von ZDF/Arte entschieden. Ob es einer eventuellen Wiedereinladung Folge leisten soll? Sicherlich nur unter besseren Bedingungen. Eine Geigerin des Orchesters hat ihre Eindrücke im Folgenden wiedergegeben. Das BJO allerdings freut sich erst einmal wieder auf die drei „normalen“ Arbeitsphasen im nächsten Jahr, um dabei seine Entde-ckungsreise mit der Musik des 20. Jahrhunderts fortzusetzen. Werke von Alban Berg, Witold Lutoslawski, Krzysztof Penderecki, Luigi Nono und Peter Ruzicka stehen auf dem Programm. Hans Timm Das BJO bei Arte Anlässlich der Aufzeichnungen von vier Fernsehsendungen, die den Titel „Stars von morgen“ tragen, veranstaltete das BJO in Zusammenarbeit mit ZDF/Arte eine Sonderarbeitsphase. Moderiert wurden die 45-minütigen Sendungen von Montserrat Caballé, wobei sie junge Solisten kurz vorstellte und diese Kostproben ihres Könnens gaben: Einzelne Arien aus Opern, Sätze aus Konzerten oder kurze virtuose Stücke. Unter der Leitung von Roberto Paternostro übernahm das BJO die Begleitung der jungen Künstler und eröffnete oder beschloss die Sendungen mit einem Orchesterwerk. Der ersten öffentlichen Aufzeichnung in der Wuppertaler Stadthalle ging eine Probenphase im niederländischen Kekrade voraus. Erst am Vortag trafen wir die zwölf Solisten, um technisch zu probieren, für mehr reichte die Zeit leider nicht. Währen wir Musiker viel Zeit für Absprachen über Tempovorstellungen der Solisten und unvorhergesehene Kürzungen der Stü-cke verwendeten, kämpften die Damen und Herren vom Fernsehen mit Kabeln, Kameras und einem Konzertflügel, für den sie einfach keinen passenden Platz auf der Bühne fanden. Wir lernten den Begriff „heiße“ Proben zu definieren und wissen nun, dass dies bedeutet, 14 Uhr Probenbeginn, danach Generaldurchlauf und öffentliche Aufzeichnung von zwei Sendungen mit anschließenden Nachkorrekturen bis zirka 23 Uhr. Stilistische Ungenauigkeiten – wie zu große Orchesterbesetzung bei Bach und Mozart – mussten wir klanglich kaschieren, denn ein Auf- und Abtreten einzelner Orchestermusiker war im Ablauf nicht vorgesehen. Gerade für ein so junges und unvoreingenommenes Orchester wie das BJO sind technische Pannen, längere Proben als angekündigt und kurzfristige Programmänderungen kein Anlass für Ärger. So verwandelte sich die Konzentration aller Beteiligten zum Ende der nächtlichen Nachkorrekturen eher in allgemeine Heiterkeit als in Missmut. Sowohl für das Fernsehteam als auch für die Musiker und die Mitarbeiter des BJO war dies eine ganz neue Form der Zusammenarbeit. Mit Sicherheit wäre kaum ein Berufsorchester bis zum Ende so geduldig geblieben. Um so bedauerlicher ist es, dass die Spesenzahlung der Fernsehsender weder die Löcher in der Finanzierung der Probenphase gedeckt hat noch den Orchestermitgliedern eine Gebühr von 150 Mark erspart werden konnte. Schade auch, dass die Produktion nicht wenigstens die nötigen Reparaturen der orchestereigenen Kontrabässe ermöglicht hat. Die vier Fernsehsendungen werden am 2. und 9. Januar sowie am 6. und 13. Februar 2000, jeweils um 19.00 Uhr bei Arte ausgestrahlt.

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