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Dreigestirn für Leipziger Bachfest 2003 +++ Komische Oper Berlin mit Neustart 11 Premieren in neuer Spielzeit +++ Ruzicka Münchner Biennale-Chef bis 2008 +++ Opernrarität in Kiel auf der Bühne +++ Musical-Szene London: Aus für "Cats" +++ Steve Reich bei Wiener Festwochen +++ Neuer Spielplan der Felsenbühne Rathen
Dreigestirn für Leipziger Bachfest 2003
Leipzig (ddp). Ein Dreigestirn wird ab 2003 die künstlerische Leitung des Leipziger Bachfestes übernehmen. Neben Thomaskantor Georg Christoph Biller werden sich auch Christoph Wolff, Direktor des Bach-Archivs, und Elmar Weingarten, Intendant des Frankfurter Ensembles Modern, in die Organisation des nächsten Festivals einbringen. Wie Biller am Mittwoch sagte, hat das Bachfest in den letzten Jahren einen Umfang erreicht, der allein nicht mehr zu bewältigen ist. Wolff betonte, es gehe jedoch nicht darum, ein neues Bachfest zu schaffen. Vielmehr solle Billers Kurs beibehalten und gefestigt werden.
Die Bachfeste werden auch künftig unter verschiedenen Themen stehen. Sie seien als eine Art Wünschelruten zu verstehen, sagte Weingarten, nicht als Zwangsjacken und sollen ein spezielles Profil geben, ohne einzuengen. So blieben Open-Air-Konzerte und Jazzproduktionen nach wie vor Schwerpunkte. Auch die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern werde angestrebt, Ausstellungen und Lesungen werden das Festival in den nächsten Jahren bereichern.
Biller zeigte sich optimistisch über die neue Aufgabenverteilung. Er habe von Anfang an nicht vorgehabt, die künstlerische Leitung des Bachfestes komplett zu übernehmen, sondern vor vier Jahren lediglich die Initiative ergriffen. Die Organisation des Bachfests sei nicht zwangsläufig mit dem Amt des Thomaskantors gekoppelt, betonte er. Das erste Leipziger Bachfest fand 1999 statt.
(www.bach-leipzig.de)
Komische Oper Berlin mit Neustart 11 Premieren in neuer Spielzeit
Berlin (ddp). Elf Premieren präsentiert die Komische Oper Berlin in der Saison 2002/2003. Dabei stehen alle Zeichen auf Generationswechsel, wie Intendant Albert Kost am Freitag bei der Jahrespressekonferenz sagte. Dem scheidenden Chefregisseur Harry Kupfer dankte er für sein 21-jähriges Wirken. Das neue Leitungsteam mit Chefregisseur Andreas Homoki, Generalmusikdirektor Kirill Petrenko und Chefchoreographin Blanca Li stellte eine Spielzeit vor, die sechs Opern- , drei Ballett- und zwei Studio-Neuproduktionen bietet.
Ruzicka Münchner Biennale-Chef bis 2008
Der künstlerische Leiter der Münchner Biennale für zeitgenössisches Musiktheater, Prof. Peter Ruzicka, führt das Musik- Festival bis zum Jahr 2008. Münchens Kulturreferentin Lydia Hartl ist zuversichtlich, dass der Münchner Stadtrat einer Verlängerung der Zusammenarbeit mit Ruzicka, der auch Leiter der Salzburger Festspiele ist, zustimmen wird. Sein Vertrag läuft zunächst bis 2004.
Mit der vierten Uraufführung des Musiktheaters, dem Stück "Monologe für zwei" von Jörg Widmann, ging die 8. Biennale am Donnerstagabend zu Ende. Das Auftragswerk der Landeshauptstadt München in Koproduktion mit der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg brachte zwei Inszenierungen des jeweils gleichen Stückes.
Einmal präsentierten Studierende vom Hamburger Institut für Theater eine Inszenierung. Nach der Pause interpretierten Münchner Studenten ihre Umsetzung des Musiktheaters über die gestörte Kommunikation zweier Protagonisten mit Texten von Christian Morgenstern, Jürgen Becker und Vera Linhartova. Das Publikum bedachte die Münchner Version mit mehr Beifall als die Hamburger Variante.
Für den 9. Zyklus der Münchner Biennale vom 12. bis 28. Mai 2004 benannte Ruzicka fünf internationale Komponisten für die Auftragskompositionen. Mit Spannung werde dabei die erste Oper des britischen Komponisten Brian Ferneyhough erwartet, dessen Werk "Shadowtime" ursprünglich bereits in diesem Jahr hätte aufgeführt werden sollen. Neben dem chinesischen Komponisten Qu Xiao-song soll sich 2004 auch der junge Österreicher Johannes Maria Staud mit einer Kammeroper präsentieren.
Opernrarität in Kiel auf der Bühne
Kiel (ddp). Die Oper Kiel bringt am Sonntag zum ersten Mal seit 50 Jahren in Deutschland Franco Alfanos Werk "Cyrano de Bergerac" auf die Bühne. Die Oper wurde im Januar 1936 in Rom uraufgeführt und in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gezeigt, wie die Bühne in Kiel mitteilte.
Musical-Szene London: Aus für "Cats"
Für eine Katze sind 21 Jahre ein stattliches Alter. Mit diesem Gedanken tröstet sich der Komponist Andrew Lloyd Webber, wenn an diesem Samstag im Londoner Theaterbezirk West End der letzte Vorhang für sein Musical "Cats" fällt. Es ist der 21. Jahrestag der Premiere, womit "Cats" das am längsten laufende Musical der Welt ist. Seine Absetzung nach fast 9000 Vorstellungen bedeutet unwiderruflich das Ende der Jahrzehnte langen Herrschaft des Komponisten über die Musical-Szene.
"Cats" ist nach Lloyd Webbers "Phantom der Oper" das geschäftlich erfolgreichste Musical in der Geschichte des Showbusiness. Bei der Premiere im Jahr 1981 wurde es von Kritikern noch als "selbstmörderisch" verhöhnt, doch heute werden die Gesamteinnahmen auf über zwei Milliarden Euro geschätzt. Allein in London lauschten über acht Millionen Zuschauer der Katzenmusik, weltweit waren es 50 Millionen in 26 Ländern. Am New Yorker Broadway verabschiedete sich "Cats" vor zwei Jahren - nach 18 Jahren Spielzeit.
Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs wurden von Lloyd Webber fünf Musicals in London gespielt. Von Sonntag an wird er nur noch eins haben - das "Phantom der Oper". Im Januar war der "Starlight Express" nach 18 Jahren abgesetzt worden. Bereits im Herbst hatte Lloyd Webber nach nur einem Jahr das von der Kritik hoch gelobte Nordirland- Musical "A Beautiful Game" schließen müssen: Das Publikum hatte sich für die vergleichsweise harte Story mit politischen Hintergrund nicht erwärmen können. Im Juni kommt der Musical-König nun mit einer neuen Produktion: "Bombay Dreams" spielt vor dem Hintergrund der indischen Filmstadt "Bollywood".
Lloyd Webbers nachlassender Erfolg bedeutet jedoch nicht, dass die Londoner Musicalszene insgesamt im Niedergang begriffen ist. Durch die Maul- und Klauenseuche in Großbritannien und die Terroranschläge vom 11. September hatte die Metropole zwar einen 15-prozentigen Touristenschwund verkraften müssen, doch inzwischen sind die Besucherzahlen fast wieder auf dem alten Niveau.
Die größten Hits in London sind Disneys "König der Löwen", das Abba-Musical "Mamma Mia", das die Hits der schwedischen Band in einer Liebesgeschichte zusammenpackt, und die Musical-Version des über 30 Jahre alten Kinderfilmklassikers "Chitty Chitty Bang Bang", die erst im vergangenen April ihre umjubelte Premiere erlebte. Die zehn Millionen Euro teure Produktion mit einem von Kritikern als "spektakulär" beschriebenen fliegenden Auto ist das bisher kostspieligste Musical. Schon vor der Premiere waren Karten im Wert von 13 Millionen Euro verkauft worden.
Gealterte Pop-Stars versuchen unterdessen, an den Erfolg des Abba- Musicals anzuknüpfen. Am nächsten Dienstag hat "We Will Rock You" mit Songs der Rockband "Queen" Premiere, seit Januar bereits verkörpert der Schauspieler Euan Morton in "Taboo" den Culture Club-Star Boy George während seiner großen Zeit in den 80er Jahren. Kassen-Hits sind auch wiederaufgelegte Klassiker wie "My Fair Lady" und "Kiss me Kate". Was "Cats" betrifft, glaubt Lloyd Webber ebenfalls, dass eine Neuinszenierung nur eine Frage der Zeit ist. "Eine Katze hat doch neun Leben, und da sind noch ein paar übrig", meint er.
Steve Reich bei Wiener Festwochen
Als gemeinsames Auftragswerk zahlreicher internationaler Festivals und Institutionen, so auch der Wiener Festwochen, war es in Teilen als "work in progress" bereits zu sehen. In Wien gibt es nun erstmals das gesamte Stück: die Dokumentarvideo-Oper "Three Tales" von Steve Reich und Beryl Korot. Am kommenden Sonntag wird das Werk im Rahmen der Festwochen uraufgeführt. Die Dokumentar-Videooper "Three Tales" von Steve Reich und Beryl Korot behandelt die rasante Technisierung des Alltags im 20. Jahrhundert und ihre unabsehbaren ethischen Konsequenzen.
Museumsquartier Halle E; Regie: Rick Mangano; Dirigent: Bradley Lubman; Ensemble Modern; "Synergy", Uraufführung am 12. Mai, 19.30 Uhr, weitere Vorstellungen: 13. bis 15. Mai, jeweils 19.30 Uhr.
Neuer Spielplan der Felsenbühne Rathen
Rathen (ddp). Auch in diesem Jahr reitet Winnetou wieder auf der Felsenbühne Rathen. Doch auf das ewig junge Duell zwischen Max und Kaspar wartet man diesmal vergebens. Erstmals seit 1956 steht Carl Maria von Webers romantische Oper "Der Freischütz" nicht auf dem Programm der Naturbühne in der Sächsischen Schweiz. Der Grund ist einsichtig: Die Landesbühnen Sachsen planen im nächsten Jahr einen neuen "Freischütz", wie Sprecherin Petra Grubitzsch sagt. Stattdessen kämpfen Don Jose und Escamillo um die rassige Carmen. Intendant Christian Schmidt passte seine Inszenierung der Bizet-Oper den Besonderheiten der Felsenbühne an.
Auch in diesem Winter hatten die Handwerker in Rathen das Sagen. Doch spektakuläre, für das Publikum sichtbare Änderungen gab es dieses Mal nicht. Immerhin investierten die Landesbühnen 85 000 Euro in verbesserte Künstlergarderoben. Das schließt die vierbeinigen "Künstler", die Pferde, mit ein. Sie erhielten einen neuen Unterstand und einen neuen Reitweg. Denn Reiten gehört zum Pflichtprogramm der Rathener Darsteller. Selbst gestandene Opernsänger schmettern nicht selten hoch zu Ross, so in diesem Jahr die Post-Christel in Zellers "Vogelhändler".
Erneuert wurde auch der Treppenaufgang zum "Maxfelsen". So wird im kommenden Jahr der Max in die Wolfsschlucht hinuntersteigen. Die Wolfschlucht-Szene im malerischen Ambiente unterhalb der Bastei gehört immer noch zu den Höhepunkten der Rathener Bespielung. So darf man dann mit Spannung erwarten, ob 2003 auch wieder kostenlose Komparsen wie Wildschweine, Rehe und Hasen Gefallen an der Wilden Jagd finden und die "Bühnenkollegen" unterstützen.
Insgesamt wurden seit den Magazin-Bränden 1993 rund 1,8 Millionen Euro in Rathen investiert. Da die Geldmittel nicht mehr so reichlich wie in den vergangenen Jahren fließen, geschieht der Ausbau der Naturbühne künftig in kleineren Schritten.
Zweite Premiere neben "Carmen" ist in diesem Jahr "Ronja Räubertochter" nach Astrid Lindgren. Das Stück ist seit Jahren für die Felsenbühne geplant, da sich das Ambiente gut für die Kulisse der wilden Gegend eignet, in der sich die Räuberkinder treffen.
Erwartet werden in diesem Jahr in Rathen wie im Vorjahr rund 75 000 Besucher, wenn das Wetter mitspielt sogar 80 000. Die Sommersaison endet am 8. September.
Auf der Felsenbühne Rathen wird seit 1936 Theater gespielt, im ersten Jahr noch Laienspiel. 1937 "entdeckten" dann Dresdner Schauspieler und später auch Sänger die Möglichkeiten der Naturbühne. 1938 stand zum ersten Mal Karl May auf dem Programm. Die 1945 gegründeten Landesbühnen Sachsen, die seit 1950 ihren Sitz in früheren Ballsaal des Weinlokals Goldene Weintraube in Radebeul haben, bespielen Rathen regelmäßig seit 1954 und nahmen 1984 auch die Tradition der Karl-May-Stücke wieder auf. Der Autor war bis Anfang der 80er Jahr in der DDR verfemt, bevor die SED-Führung eine vorsichtige Kehrtwendung unternahm.
Ernst W. Raymund
(Internet: www.theater-dresden.de)