Hauptrubrik
Banner Full-Size

26.4.: oper und konzert aktuell +++ oper und konzert

Publikationsdatum
Body

Schwetzinger Festspiele zum 50. Mal +++ NDR Sinfonieorchester mit Zeitgenössischem auf Tour +++ Luisi und Arman verlängern Verträge mit dem MDR +++ Musikalischer Funkenflug beim Freiburger Zeltfest +++ Jenseits des Klischees - Gewandhauspublikum ist anders als angenommen +++ Pina Bausch präsentierte Uraufführung in Wuppertal

Schwetzinger Festspiele zum 50. Mal
Schwetzingen (ddp-bwb). Der 50. Geburtstag der Schwetzinger Festspiele ist für die Veranstalter unter Federführung des Südwestrundfunks (SWR) ein Anlass zur Rückschau. Zum Jubiläum bringen die Festival-Macher ein Buch heraus, in dem vor allem die Bedeutung der Veranstaltungsreihe für zeitgenössische Komponisten gewürdigt wird. Auch das diesjährige Programm enthält mehrere Uraufführungen, darunter eine Oper von Salvatore Sciarrino sowie neue Werke von Wolfgang Rihm und Wilfried Maria Danner.
Nicht zuletzt unter touristischen Gesichtspunkten ist Schwetzingen ein Glücksfall, denn die Verbindung von historischer Architektur und großer Musik lockt Jahr für Jahr viele Zuschauer an. Durch zahlreiche Radioübertragungen ist die Veranstaltungsreihe inzwischen auch ein Festival mit weltweiter Wirkung. Am kommenden Samstag werden die Schwetzinger Festspiele 2002 mit Mozarts "Zauberflöte" eröffnet.


NDR Sinfonieorchester mit Zeitgenössischem auf Tour
Hamburg (ddp-nrd). Das Sinfonieorchester des Norddeutschen Rundfunks wird sich in diesem Jahr mit einem Zyklus von Ur- und Erstaufführungen fünf bedeutender zeitgenössischer Komponisten vorstellen. Geplant sind Konzerte in Hamburg, Frankfurt und Köln unter der Leitung von Chefdirigent Christoph Eschenbach, wie der NDR am Donnerstag in Hamburg mitteilte. Zur Aufführung kommen Werke von Marc-André Dalbavie, Aribert Reimann, Wolfgang Rihm, Esa-Pekka Salonen und Augusta Read Thomas. Es sind sämtlich Auftragswerke des NDR, der Alten Oper Frankfurt sowie der Suntory Hall Tokio.
Neben den fünf neuen Orchesterwerken und Konzertabenden von Pierre-Laurent Aimard, einem Messiaen-Schüler, wird im NDR Zyklus eine dritte thematische Linie verfolgt. Mit den unvollendeten, letzten Sinfonien von Schubert, Bruckner und Mahler, mit Mozarts Requiem und Hartmanns "Gesangsszene stehen fünf der berühmtesten Fragmente der Musikgeschichte auf dem Programm des NDR Sinfonieorchesters.
(Das Programm im Internet: www.ndr.de)


Luisi und Arman verlängern Verträge mit dem MDR
leipzig (ddp-lsc). Die Leiter von MDR-Sinfonieorchester und -Rundfunkchor bleiben dem Sender auch in den nächsten Jahren erhalten. Chorleiter Howard Arman und Orchester-Dirigent Fabio Luisi werden am 7. Mai ihre Verträge verlängern, wie der Sender am Donnerstag in Leipzig mitteilte. Luisi ist seit 1999 Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Sinfonieorchesters, der Rundfunkchor steht seit 1998 unter der Leitung von Arman. Über die Laufzeit der neuen Verträge machte der MDR zunächst keine Angaben.


Musikalischer Funkenflug beim Freiburger Zeltfest
Freiburg (ddp-bwb). Mit der Formel "Der 20. Zeltfunke" will das Freiburger Zelt-Musik-Festival (ZMF) in diesem Sommer einen musikalischen Funkenflug entfachen. Erwartet werden internationale Künstlergrößen wie die Chansonniere Juliette Gréco, die Jazzstimmen von "Manhattan Transfer" und das Klassikduo Heinz und Ursula Hollinger, wie Festivalleiter Alexander Heisler am Donnerstag ankündigte. Vom 26. Juni bis zum 14. Juli sollen auf 150 Veranstaltungen über 600 Künstler mit Rock, Pop, Weltmusik, Jazz und Klassik sowie mit Kinderprogrammen und Kleinkunst auftreten.
Die Veranstalter rechnen in den drei Wochen auf dem Festplatz am Mundenhof vor den Toren Freiburgs mit rund 150 000 Besuchern. Neben zwei Zeltbühnen erwarten die Zuschauer auf zwei offenen Bühnen Gaukler, Clowns, Märchenerzähler und Musiker. Zwei Drittel des Gesamtprogramms sollen kostenfrei zugänglich sein. Als weitere Highlights werden unter anderem der Schauspieler und Kabarettist Ottfried Fischer, das Kroke-Kennedy Klezmer-Quartett und Barbara Thompson auf der Abschiedstournee des "United Jazz und Rock Ensembles" angekündigt.
Das ZMF hat vor 20 Jahren mit seiner Mischung aus unterschiedlichen Musikrichtungen und Kleinkunst einen neuen Festivaltypus eingeführt. Es ist vom chronisch unterfinanzierten Musikereignis zum festen Bestandteil des Freiburger Kultursommers geworden. Nach Angaben der Veranstalter schreibt das ZMF in diesem Jahr erstmals in seiner Geschichte - auch dank zahlreicher Sponsoren - schwarze Zahlen. Die Eintrittspreise haben sich leicht erhöht. Die Spanne reicht von 10 Euro für kleinere Veranstaltungen bis zu 39 Euro für Spitzenkünstler.
(Programm und Kartenbestellung im Internet: http://www.zmf.de)


Jenseits des Klischees - Gewandhauspublikum ist anders als angenommen
Leipzig (ddp-lsc). Das Gewandhauspublikum entspricht nicht dem verbreiteten Klischee des vermögenden, gebildeten und relativ alten Konzertbesuchers. Eine Befragung hat jetzt ans Licht gebracht, dass rund 40 Prozent der Gäste aus dem karriere- und erlebnisorientierten Milieu stammen, wie das Gewandhaus am Freitag in Leipzig mitteilte. Diese Frauen und Männer legen laut Befragung Wert auf ein jugendliches, moderne Image, planen ihre Freizeit individuell und kurzfristig und lehnen volkstümliche Unterhaltung ab. Das Gewandhaus hatte zwischen April und August 2001 bei 17 Konzerten 1618 Gäste befragt.
Das Milieu der traditionell Kulturinteressierten, die ein herausragendes Interesse an der Hochkultur an den Tag legen, macht laut Studie nur einen Anteil von 24 Prozent der Gewandhausbesucher aus. Mehr als jeder dritte Konzertgast findet sich laut Studie in dem traditionell familienorientierten Milieu wieder, in dem volkstümliche Unterhaltung ihren festen Platz hat und Konzertkarten lange im voraus gekauft werden.
(www.gewandhaus.de)


Ballett-Prinzipalin Pina Bausch präsentierte Uraufführung in Wuppertal
Wuppertal (ddp). Moderne Tanzperformance zu Dancefloor-Rhythmen, Flamenco, Blues und Tango - dieses außergewöhnliche Kunst-Gemisch präsentierte das Ensemble von Ballett-Prinzipalin Pina Bausch am Donnerstagabend in Wuppertal. Mit Jubelrufen und Standing ovations feierte das Publikum ihr neues Stück "Für die Kinder von gestern, heute und morgen". Es handelt sich dabei erstmals seit 1995 wieder um ein Projekt, das nicht als Koproduktion mit einer anderen Stadt oder einem anderen Land heraus kommt. Bereits während der rund dreistündigen Uraufführung hagelte es begeisterten Beifall für die 14 Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne.
Die Choreografin, Tänzerin und Ballettdirektorin Bausch hatte in das Wuppertaler Schauspielhaus gebeten - seit Jahrzehnten Tradition der Frau, die mit ihrer jüngsten Produktion einmal mehr bewiesen hat, dass sie den Tanz revolutionierte. In dem Stück variiert die Choreographin gekonnt das bestens bekannte Thema des "lockenden Weibes". Barfüßige Nymphen in weißen Gewändern und wallenden Haaren schleichen zu sphärischen Klängen über die Bühne und lassen sich vom vermeintlich starken Geschlecht auf Händen tragen.
Vor dem Hintergrund einer puristischen Bühne - Peter Pabst machte weiße Wände und einen schwarzen Hintergrund zur Kulisse - spielen sich alle denkbaren Szenen der Liebe ab: Die Tänzer im Dressman-Look entfalten eine unbändige Lust am freien Spiel ihrer eigenen Bewegungen, während Tänzerinnen in durchsichtigen Kleidern auf High Heels wie Models über die Bühne flanieren - begleitet von Musik, die für gewöhnlich in Szene-Diskotheken gespielt wird. In einer Szene malt ein verliebtes Wesen überglücklich ein Herz an die Wand, in einer anderen tanzen alle Paare eng umschlungen zu laszivem Blues. Die ehemalige Solotänzerin Marion Cito entwarf die Kostüme. Für Gänsehaut sorgte die Musikauswahl von Matthias Burkert beim Wuppertaler Premierenpublikum.
Unter die Haut gingen die Tanzszenen voller Erotik und Leidenschaft, die sich vor bewegten Wänden abspielten: Eng umschlungen rekelten sich die Tänzer auch in der jüngsten Bausch-Produktion auf dem Bühnenboden. Mit runden, fließenden Bewegungen werben sie umeinander, mit harschen Worten weisen sie sich zurück. Ein Ensemblemitglied mit spanischem Akzent dokumentiert selbstbewusst das Selbstverständnis der modernen Frau: "Mein Raum, mein Fenster, meine Männer", verkündet sie kokett. "Der Widerspenstigen Zähmung" scheint bei der feurigen Südeuropäerin nicht zu funktionieren. Sie macht sich einen Spaß daraus, ihren Verehrer mit Sprichwörtern hinzuhalten.
Wie Reminiszenzen an Bert Brechts episches Theater erscheinen die kleinen, aber feinen Ausflüge ins Sprechtheater, die direkt dem Publikum gewidmet sind. Immer wieder richten die Tänzer das Wort in die Menge, scherzen oder flirten mit den Zuschauern, während andere sich die Nägel lackieren, ein Steak essen oder herzhaft in einen Apfel beißen wie einst Eva im Paradies. Im "kleinen Schwarzen" schreiten entschlossen zwei Grazien über die Bühne, während sie sich mit einem Besen-Kopf die Haare zerzausen.
Bausch vermag wie kaum eine andere, ihr Publikum in einen Sog aus Inspiration, Rausch und Versuchung zu ziehen: Die Tänzer bespritzen ihre Angebeteten mit Wasser - in der Traumdeutung ein Motiv für Emotionalität und auch fester Bestandteil in zahlreichen Bausch-Produktionen - über 30 hat die ehemalige Folkwang-Absolventin bereits der Welt beschert.
"Für die Kinder von gestern, heute und morgen" hat mehr mit einem Musikvideo gemein als mit einem Ballett: Schrille, laute Szenen mit kraftvollen Choreografien wechseln sich mit ruhigen und harmonischen Tänzen ab. Die Szenen wechseln schnell wie in einem Clip, mit ihnen die Stimmungen: Mal ist "sie" das schwache Geschöpf. In der nächsten Szene wird "er" beherrscht. Die Tänzerinnen des Bausch-Ensembles, dem Wuppertaler Tanztheater, ziehen alle Register: sie sind sinnlich, lebenshungrig oder scheu wie verängstigte Tiere.
Pina Bauschs neues Stück ist eine Hymne an das Liebeswerben. Die Aufführung untermauerte einmal mehr die Ausnahmestellung der Ballett-Ikone, die immer wieder neue Ausdrucksformen sucht und findet und von sich selbst sagt: "Mich interessiert nicht, wie sich Menschen bewegen, sondern was sie bewegt."
Brigitte Pavetic
(Internet: www.pina-bausch.de)