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Preise der Schallplattenkritik - Verleihung im Berliner Musikinstrumenten-Museum - Ehrenurkunde für Rheinhard Mey
Berlin (ddp). Acht Produktionen bekommen am Sonntag die Jahrespreise 2003 der deutschen Schallplattenkritik. Besonderes Gewicht legte die Jury in diesem Jahr auf den Bereich der Alten Musik. Ehrenurkunden gehen zudem an den katalanischen Gambisten Jordi Savall sowie für ihr Lebenswerk an den Liedermacher Reinhard Mey und den Plattenproduzenten Richard Weize (Bear Family). Begleitet wird die Preisverleihung im Berliner Musikinstrumenten-Museum, die in diesem Jahr zum vierzigsten Mal stattfindet, von einem umfangreichen Rahmenprogramm.Ausgezeichnet wird Händels Oper «Deidamia» unter der Leitung von Alan Curtis (Virgin Veritas) ebenso wie eine CD-Serie zu den Orgeln von Gottfried Silbermann (querstand). «Die vielen Gesichter und die Brüche» von «Deidamia» seien bisher nicht auf Tonträger eingefangen worden, schreibt die Jury zur Begründung ihrer Wahl. Alan Curtis sei dies nun «in herausragender Weise» gelungen. In der Silbermann-Reihe sind unter anderen Werke von Johann Sebastian Bach, Johann Pachelbel und Friedrich Wilhelm Marpurg zu hören. Die Organisten nutzten «mit ihrem einfühlsamen Spiel geschickt Kirchenräume und Dispositionen der 32 Orgeln», urteilte die Jury.
Auch für Marc Minkowskis Neueinspielung von Berlioz «Symphonie fantastique» (Deutsche Grammophon) wurden historische Instrumente herangezogen. Die Jury lobte, Minkowski verstehe es «vom ersten Takt an, den Hörer durch eine ungewöhnlich gespannte, drangvolle Sichtweise des Werkes zu bannen». Preiswürdig erschien der Jury im Klassik-Bereich auch eine Neuaufnahme sämtlicher Violinsonaten Beethovens von Augustin Dumay und Maria João Pires (Deutsche Grammophon), die Beethoven «so sensibel und nuanciert» ausleuchte, «dass sich ein wahrer Mikrokosmos emotionaler Beziehungen vor dem Hörer entfaltet».
Im Pop/Rock-Sektor geht eine Auszeichnung an die Songwriterin Aimee Mann und ihr neues Album «Lost in Space» (V2R). Die Amerikanerin ist nach Ansicht der Experten «eine der großen Verkannten in der Rockmusik». Ihre neues Album gehöre «zu den Highlights des echten, guten Rock». Mit dem Saxophonisten Wayne Shorter und seinem Album «Alegrìa» (Verve) wird ein Altmeister des Jazz geehrt. Shorter stoße über die Grenzen des Jazz hinaus, vereinnahme verschiedene Einflüsse und bereite mit seinen «raffinierten Arrangements» den Boden «für die von Einfällen sprühenden, reichen und gleichsam hochkonzentrierten Improvisationen».
Für die Neue Musik steht György Kurtags «Signs, Games and Messages» (ECM). Kurtágs Hölderlin-Gesänge und Vertonungen Beckettscher Gedichte künden nach Ansicht der Jury «eindringlich davon, wie sich Musik und Sprache in völliger Autonomie begegnen».
Das erste Mal seit drei Jahren ist auch wieder ein Hörbuch dabei: Dirk Bachs Lesung von Walter Moers «13 1/2 Leben des Käptn Blaubär» (Lido). Die Jury befand, Bach animiere Käpt\'n Blaubär «von der ersten winzigen Erscheinungsform in einer Nuss-Schale auf dem wilden Meer bis zum treusorgenden Bärenvater im friedlichen Wald».
Im Rahmenprogramm der Preisverleihung sind in der Ausstellung «Im Hupfeld» Fotografien berühmter Pianisten an dem Hupfeld-Aufnahmeflügel zu sehen. Dass Schallplattenkritik auch selbstkritisch gegen sich selbst sein kann, beweist am Samstag das öffentliche Symposium «Wie und warum schreiben über Schallplatten?». Bei der Jubiläumsmatinee am Sonntag wird zudem das Buch «Ausgezeichnet!» (Henschel Verlag) vorgestellt, in dem alle bisherigen Jahrespreisträger versammelt sind.
Ulrike Geist
http://www.schallplattenkritik.de