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Die Musik-Chart-Manipulationen sind offenbar weitaus größer als bislang angenommen. Nach den Erkenntnissen von Media Control und des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft versuchte Pop-Produzent David Brandes bereits seit zwei Jahren, die Hitparaden-Platzierung seiner Künstler durch Aufkäufe der eigenen CDs zu beeinflussen.
Hamburg (ddp). «Wir haben unsere Nachforschungen bis 2003 ausgedehnt und massive Manipulationsversuche festgestellt», sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes Phono, Peter Zombik, dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» am Samstag.Dem Magazin zufolge fielen zwei Brandes-Produktionen beim Chartermittler Media Control schon im Sommer 2004 auf, weil die Überwachungsprogramme ein «nicht plausibles Käuferverhalten» festgestellt hatten. Deswegen seien rund 9000 Verkäufe von Brandes-Titeln von vornherein wegen Auffälligkeiten nicht in die Chartwertung eingeflossen.
In diesen Jahr seien jedoch die Auffälligkeiten weitaus größer geworden. Media Control zählte demnach insgesamt mehr als 31 000 «Eliminierungsvorgänge». Wären etwa alle Verkäufe des Grand-Prix-Titels der Brandes-Sängerin Gracia mitgewertet worden, wäre sie in den Top 5 statt auf Platz 20 in den Charts eingestiegen, zitiert der «Spiegel» Media Control.
Brandes sei dabei nicht der Einzige gewesen, der offenbar versuchte, die Hitparade zu beeinflussen. Allein in den vergangenen zwei Jahren zählte Media Control insgesamt 14 Mal einen Anfangsverdacht auf Chartmanipulation, der an die Musikindustrie weitergemeldet worden ist, wie Media-Control-Chef Karlheinz Kögel dem «Spiegel» sagte.
Gegen den 36-jährigen Brandes ermittelt mittlerweile auch die für seinen Firmensitz Weil am Rhein zuständige Staatsanwaltschaft Lörrach wegen Betruges und Untreue. Zudem will ein Veranstalter Brandes verklagen, weil ein Konzert mit der Brandes-Band Vanilla Ninja trotz Top-Platzierungen in den Charts vor leerem Haus stattfand.
Der Phonoverband verdächtigt Brandes, die Chartpositionen seiner Künstler durch ein Strohmänner-Netz von CD-Käufern manipuliert zu haben. Gracia hatte sich erst dank einer Top-40-Position für den Grand-Prix-Vorentscheid qualifiziert. Ihr Siegersong «Run & Hide» sowie fünf weitere Titel waren am Montag vorerst aus den offiziellen Charts verbannt worden.