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Berlin: Caligari Filmpreis 2007 für «Kurz davor ist es passiert» +++ Berlin: Berlinale-Preisverleihung endete mit wenigen Stars und politischen Entscheidungen +++ Die Bären-Gewinner der Berlinale 2007
Berlin: Caligari Filmpreis 2007 für «Kurz davor ist es passiert»Berlin (ddp). Die Österreicherin Anja Salomonowitz ist für ihren Film «Kurz davor ist es passiert» am Freitagabend mit dem Caligari Filmpreis 2007 ausgezeichnet worden. Der Dokumentarfilm über Frauenhandel und illegale Migrantinnen sei eine «spannend-erhellende Analyse gesellschaftlicher Missstände», urteilte die Jury nach Angaben des Bundesverbandes kommunale Filmarbeit. Der sowohl eigenwillige als auch spielerische Blick der Regisseurin provoziere die Neugierde des Zuschauers, der durch die Konfrontation mit authentischen Schicksalen «nachhaltig berührt das Kino verlässt».
Der Caligari Filmpreis gilt als wichtigster Preis des Internationalen Forums des Jungen Films. Die mit 4000 Euro dotierte Prämie geht zur Hälfte an den Regisseur und zur Hälfte an den künftigen Verleih.
Berlin: Berlinale-Preisverleihung endete mit wenigen Stars und politischen Entscheidungen
Berlin (ddp). Eigentlich ist Berlinale-Chef Dieter Kosslick stets um einen glanzvollen Rahmen bemüht. Aber ausgerechnet die Berlinale-Abschluss-Gala mit der Bekanntgabe der diesjährigen Preisträger begann am Samstagabend mit einer Moderation aus der Retorte. Noch während im Saal die Gäste ihren Platz suchten, stellte eine Stimme aus dem Off das Team des Abschlussfilms «Angel» um den französischen Regisseur Francois Ozon vor. Dann mühte sich Sängerin Mia im hell erleuchteten Berlinale-Palast um etwas Glanz und erst dann durfte Moderatorin Charlotte Roche zur Tat schreiten. Die mit Spannung erwartete Bären-Verleihung zum Ende der internationalen
Filmfestspiele von Berlin fiel am Samstagabend eher beiläufig aus. Dafür setzte die Jury mit ihren Entscheidungen politische Akzente.
Lange waren Filmexperten ratlos, welcher Film unter den 22 Wettbewerbsbeiträge 2007 das Rennen machen könnte. Am Ende holte die chinesische Produktion «Tuyas Ehe» den Goldenen Bären. Nina Hoss gewann für ihre Darstellung in «Yella» von Christian Petzold den Silbernen Bären als beste Darstellerin, Julio Chavez erhielt ihn als besten männlichen Darsteller in «El otro - Der Andere», der gleich noch mit dem großen Preis der Jury einen weiteren Bären kassierte.
Chavez konnte den Preis nicht entgegen nehmen, weil er in Dreharbeiten für einen Film über Charlotte von Mahlsdorf steckte, Berlins bekanntesten Travestiten, wie Regisseur Ariel Rotter verkündete. Aber auch ansonsten war von Stars bei der Preisverleihung nicht mehr viel zu sehen.
Das Schauspiel-Ensemble um Robert de Niros CIA-Film «The Good Shepherd» mit Angelina Jolie und Matt Damon - längst abgereist, obwohl das Team einen Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung erhielt. Cate Blanchet, deren Schauspiel in «Notes on a Scandal» auf Lob stieß - abgereist. Und auch Marianne Faithfull, die als «Irina Palm» bis zuletzt als Anwärterin auf den Darstellerinnen-Bären galt - abgereist.
Für das De-Niro-Ensemble nahm Mitwirkende Martina Gedeck deshalb den Bären in Empfang und informierte ihre Kollegen per Telefon, «jeden einzelnen», wie sie nach der Preisverleihung sagte. Dabei versicherte sie, dass sich vor allem de Niro sehr freue, weil er sehr besorgt gewesen sei, ob sein Film überhaupt ankomme. Gedeck, die sich selbst nur einen kleinen Teil am Erfolg des Films zuschreibt, will den Silbernen Bären nun wenigstens eine Nacht behalten. Danach werde sie ihn de Niro schicken.
Insgesamt schien die siebenköpfige Jury um US-Regisseur Paul Schrader vor allem politische Unterstützung mit ihren Entscheidungen zu signalisieren. Der Regisseur des Gewinnerfilms «Tuyas Ehe», Wang Quan\'an, bezeichnete den Preis als «Glück für den chinesischen Film». China hatte mit seiner rigiden Zensur auch auf der Berlinale für Aufsehen gesorgt, weil es von der Regisseurin des zweiten chinesischen Wettbewerbsbeitrags «Lost in Beijing», Li Yu, Änderungen verlangte. Li Yu zeigte den Film am Freitag in der Originalfassung. Ihr droht nun in China Berufsverbot.
Auch mit der Vergabe des silbernen Bären für die beste Regie an den israelischen Regisseur Joseph Cedar für sein Nahost-Drama «Beaufort», setzte die Jury, der die palästinensische Filmemacherin und Schauspielerin Hiam Abbass angehörte, einen politischen Akzent. Und Doppelgewinner «El Otro» über einen Mann, der auf einer Reise durch Argentinien verschiedene Identitäten annimmt, war für Regisseur Ariel Rotter vor allem eine Auseinandersetzung mit den «Befürchtungen und Gespenstern», die sein Land noch immer quälten. Er wolle mit dem Film «Frieden für unser weiteres Leben gewinnen», wie er selbst sagte.
Eine öffentliche Begründung, warum sich die Jury für welchen Film entschied, blieb sie sowohl den Gästen im Berlinale Palast wie auch den Ausgezeichneten schuldig. Nina Hoss wusste zunächst auch nicht, warum sie den Silbernen Bären erhielt. Zwar freute sie sich, dass sie auch mit minimalen schauspielerischen Mitteln, mit einer «feinen, zarten Rolle» diesen Preis erhalten habe. Aber interessieren würde sie es doch, warum sie den Preis erhalten habe, fügte sie hinzu.
Christina Denz
Folgende Preise wurden am Samstagabend bei der Berlinale von derInternationalen Jury vergeben:
- Goldener Bär für den besten Film: «Tuyas Ehe» von Wang Quan\'an (China)
- Silberner Bär - Großer Preis der Jury: «Der Andere» von Ariel Rotter (Argentinien/Frankreich/Deutschland)
- Silberner Bär für die beste Regie: «Beaufort» von Joseph Cedar (Israel)
- Silberner Bär für die beste Darstellerin: Nina Hoss für «Yella» (Deutschland)
- Silberner Bär für den besten Darsteller: Julio Chavez für «Der Andere»
- Silberner Bär für eine herausragende künstlerische Leistung: Schauspieler-Ensemble von «Der gute Hirte» von Robert de Niro, unter anderen mit Matt Damon, Angelina Jolie, Alec Baldwin und Martina Gedeck (USA)
- Silberner Bär für die beste Filmmusik: «Hallam Foe» von David Mackenzie (Großbritannien)
- Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet: «Ich bin ein Cyborg, aber das macht nichts» von Park Chan-wook (Republik Korea)
- Preis für den besten Erstlingsfilm, der von einer weiteren Jury vergeben und von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF) gestiftet wurde (dotiert mit 50 000 Euro): «Vanaja» von Rajnesh Domalpalli aus der Sektion Generation/14 plus (Indien/USA)