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8.2.: film aktuell +++ filmproduktion

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Filmförderung Hamburg heimst viele Preise ein +++ Gedreht und für zu schlecht befunden - Filmproduktionen für die Müllhalde


Filmförderung Hamburg heimst viele Preise ein
Hamburg (ddp). In Hamburg geförderte Filme haben im vergangenen Jahr auf Festivals im In- und Ausland zahlreiche Preise eingeheimst. 70 Filme wurden zu 124 Festivals eingeladen. Allein «Gegen die Wand» von Fatih Akin gewann 15 Preise, darunter den Goldenen Bären, den Deutschen und den Europäischen Filmpreis, teilte die Filmförderung Hamburg am Montag mit. Ayse Polat erhielt neben dem Otto-Sprenger- Preis in Hamburg in Locarno für ihren Film «En Garde» den Silbernen Leoparden. «Die syrische Braut» von Eran Riklis (Kinostart 17. März) gewann in Montreal den Fipresci-Preis, den Grand Prix of the Americas, den ökumenischen Preis und den Publikumspreis. Mit einem weiteren Publikumspreis wurde der Film in Locarno geehrt. Weitere Auszeichnungen gab es bei internationalen Auftritten.
Insgesamt vergab die Filmförderung Hamburg im vergangenen Jahr zehn Millionen Euro für die Entwicklung, Herstellung und Auswertung von Filmen. Der größte Anteil fiel mit 5,41 Millionen Euro auf die Produktion von 19 Kinofilmen. Auch der Drehort Hamburg war den Angaben zufolge im vergangenen Jahr wieder stark nachgefragt. Allein an über 200 Drehtagen wurden geförderte Filme in der Hansestadt realisiert. Nach der internen Statistik wurden 2004 11 Kinofilme, 31 TV-Spielfilme, 52 TV-Reihen und -Serien sowie 26 Dokumentar- und Kurzfilme in der Stadt an der Elbe gedreht, darunter der Kinofilm «Barfuß» von Til Schweiger (Kinostart 31. März).

Gedreht und für zu schlecht befunden - Filmproduktionen für die Müllhalde
Berlin (ddp). Was macht eigentlich Dieter Bohlen? Keine CD, keine Castingshow, kein Enthüllungsbuch - der Mann ist wie vom Erdboden verschluckt. Seinem Comic-Ich geht es nicht besser. Der Kinoverleiher Universum Film hatte für Herbst 2004 groß das Zeichentrickwerk «Dieter - Der Film» angekündigt. Dann verschob die Firma den Starttermin auf den 27. Januar 2005. Mittlerweile heißt es bei Universum: «Wir können nicht sagen, ob der Film ins Kino kommt.» Bisherige Kosten: 6,5 Millionen Euro, Einnahmen nicht absehbar.
Wahrscheinlich wird der Zeichentrick-Dieter nie auf der Kinoleinwand zu sehen sein. «Der Vertrieb gibt durchschnittlich 50 Prozent der Produktionskosten für Marketing aus», sagt Filmmanager Jürgen Schau, bis 2003 Deutschlandchef der Columbia Tristar. Diese zusätzliche Investition lohne sich natürlich nur, wenn der Verleiher vom Erfolg des Projekts überzeugt sein kann - was bei einem Bohlen-Film fraglich ist, nachdem der Medienhype um ihn abgeflaut ist.
Jürgen Schau schätzt, dass etwa ein Fünftel der für den deutschen Markt gedachten Produktionen dieses Schicksal teilt. Es trifft einerseits amerikanische Filme, die zu stark auf ein US-Publikum zugeschnitten sind - «wenn es zum Beispiel nur um Baseball geht», so Jürgen Schau. Andererseits verkalkulieren sich auch viele deutsche Produktionen. «Als Verleiher sitze ich dann in einer Probevorführung und denke mir: Oh Gott, im Drehbuch sah das noch so gut aus.»
Meist seien zu viel Ego der Kreativen dafür verantwortlich. Die Verleiher bekommen den Film zwar in einer recht frühen Phase zu sehen, könnten aber manchmal nichts mehr retten. So wird wohl auch die Realverfilmung der «Nick Knatterton»-Comics mit Jens Schäfer nie das Licht der Welt erblicken. Nach einer desaströsen Testvorführung auf der Münchner Filmwoche wurde das seit 2001 fertige Projekt auf Eis gelegt. Laut Co-Produzent Marcus Rosenmüller verschliss es sechs Drehbuchautoren. Acht Millionen Euro Produktionskosten, davon eine Million Förderung von der Filmstiftung Nordrhein-Westaflen, waren dahin. Der Filmverleih Helkon Media ging 2002 in Insolvenz.
Auch «Mr. Boogie», eine Detektivkomödie mit «Big Brother»-Kandidat Zlatko Trpkovski, schlummert ungenutzt und wohltemperiert in einem Kölner Filmlager. Dabei verglich Produzent Frank Dragun Zlatko seinerzeit gar mit John Wayne und Robert Mitchum, die auch immer nur sich selbst gespielt hätten. Doch nach einem Rechtsstreit der Produzenten Ena-Film mit dem Verleih Highlight Film und einer Meldung der «Bild»-Zeitung, dass «Mr.Boogie» ein unfassbar schlechter Film sei, konnte sich das Publikum nie eine eigene Meinung bilden. Eine Verwertung auf Video in Kooperation mit Aldi scheiterte ebenso wie ein Verkauf an TV-Sender.
Immerhin ins DVD-Regal schafften es Til Schweiger und Hollywood-Star Nick Nolte mit der deutschen Produktion «Investigating Sex», einer Komödie über eine mondäne Intellektuellenrunde in den 20er Jahren. «Ein großer Fortschritt», findet Jürgen Schau. «Dank des DVD-Booms lassen sich die Verluste eines Kinoflops inzwischen immerhin begrenzen.» Auf lange Sicht helfen nach Meinung des Filmmanagers aber nur eine stärkere Verzahnung von Produktion und Verleih, sprich bessere Kontrollen, mehr Testvorführungen und Marktforschung.
Steffen Becker