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Mit John Grishams neuem Roman "Die Farm" bringt der Bertelsmann-Buchclub derzeit den Rest der Buchbranche gegen sich auf. Der Club hat das Buch veröffentlicht, ehe es im herkömmlichen Buchhandel erscheint.
orf - Wer den neuen Grisham-Band lesen will, muss entweder Clubmitglied werden oder sich noch bis August gedulden. Dann erscheint "Die Farm" im Münchner Heyne Verlag - für 22 Euro statt wie im Club für 17,90 Euro. Das Vorpreschen ärgert die deutschen Buchhändler, müssen sie doch ihren Kunden erklären, warum der Grisham-Roman bei ihnen noch nicht zu haben ist. Doch es geht um mehr als nur ein Buch: Die Buchhändler befürchten, dass der Buchclub die Spielregeln zu seien Gunsten verändern und ihnen das Wasser abgraben könnte.Bislang musste sich der Buchclub meist hinten anstellen: Die Verlage schöpften bei Top-Sellern wie Grisham die Sahne ab, und erst nach einem halben Jahr konnte der Club mit einer eigenen Ausgabe für weniger Geld nachziehen. Zwar hat der Buchclub seinen vier Millionen Mitgliedern auch bisher schon Bücher als "Premiere" zeitlich vor dem Buchhandel angeboten, meist waren das jedoch nicht unbedingt bestsellerverdächtige Titel wie nun Grisham.
Der geballte Zorn der Buchhändler richtet sich auch gegen den Chef der Verlagsgruppe Ullstein Heyne List, Christian Strasser. Er hatte dem Club die Rechte für die Exklusiv-Vorabveröffentlichung verkauft. Damit habe er dem Buchhandel "großen Schaden zugefügt", schimpfte der Vorsitzende der Geschäftsführung von Deutschlands größter Buchhandelskette Thalia, Jürgen Könnecke, in einem Offenen Brief. Der Roman "Die Farm" werde daher in den Thalia-Filialen nicht verkauft.
Auch die Nummer zwei der Buchhandelsunternehmen, die Hugendubel- Kette, legte die Geschäftsbeziehungen zu Heyne vorerst auf Eis. Sie will das Buch zwar in den 28 Filialen anbieten, aber nur auf dem Katzentisch präsentieren. Strasser rechtfertigt seine Entscheidung damit, dass er die extrem teuren Grisham-Rechte ohne den Verkauf der Vorabrechte an den Club nicht hätte finanzieren können.
Der Buchhandel sieht sich jedoch auch von den Expansionsplänen des Buchclubs bedroht. Bertelsmann will sich in bestehende Buchläden in Mittelstädten unter dem Namen "Boulevard" einkaufen. In Bielefeld wurde kürzlich das erste Geschäft eröffnet. Dort bietet der Club in einer eigenen Ecke seine eigenen Ausgaben an und wirbt neue Mitglieder. Angesichts mauer Finanzen können viele Buchläden dem verlockenden Buchclub-Angebot nicht widerstehen, auch wenn sie sich damit die Konkurrenz ins eigene Haus holen.
Im Kampf um Marktanteile auf dem weitgehend gesättigten und von sinkenden Umsätzen gebeutelten Buchmarkt droht überdies das geplante Buchpreisbindungsgesetz die Branche zu entzweien. Es würde nach derzeitigem Entwurf dem Buchclub ermöglichen, seine Bücher künftig gleichzeitig mit den Buchhandlungen anzubieten - für weniger Geld. Damit würde nach Ansicht des Buchhandels das Ende der seit Jahren mit Klauen und Zähnen verteidigten deutschen Buchpreisbindung eingeläutet. Kaum ein Kunde werde bereit sein, mehr Geld für das gleiche Buch auszugeben - zumal, wenn es in einer der "Boulevard"- Filialen die billigere Club- und die teurere Verlagsausgabe nebeneinander gibt.
Bei Bertelsmann sieht man das freilich anders. Der Club fördere mit seiner Werbung für die Bücher auch den Absatz im regulären Buchhandel, sagt Wulf Böttger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann DirectGroup. "Außerdem kann sich der Club ohnehin nicht mehr als ein, zwei teure Bestseller-Vorabveröffentlichungen pro Jahr leisten. Damit attackieren wir doch die Buchpreisbindung nicht."
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels steht als Branchen- Dachverband nun vor der heiklen Aufgabe, die unterschiedlichen Interessen von Buchclub und traditionellem Handel unter einen Hut bringen. Bislang hat sich der Börsenverein auf die Seite des Handels gestellt und versucht, den umstrittenen Paragrafen zu verändern. Doch nach Gesprächen mit dem Buchclub deuten die Zeichen nun auf einen Kompromiss. Dafür bleibt allerdings nicht mehr viel Zeit: Schon Mitte Mai soll das Gesetz in die erste Lesung in den Bundestag.