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Berlin (ddp). Nach den beiden Jazzfilmen «Blue Note» und «Jazz Seen» hat Autor, Produzent und Regisseur Julian Benedikt mit «play your own thing - eine Geschichte des Jazz in Europa» eine weitere Filmdokumentation vorgelegt.
Sie ist eine Zusammenstellung von eindrucksvollen Jazz-Originalaufnahmen aus über 50 Jahren und aktuellen Interviews mit vielen großen europäischen Jazz-Musikerinnen und -Musikern. Am 1. November wird der Kinofilm das Jazzfest Berlin eröffnen, einen Tag später startet er in den Kinos.Der Film nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise von den amerikanischen Wurzeln des Jazz zu seinen Ursprüngen und Wandlungen in Europa. «Nobody can play like Charlie Parker ever.» Dieses Zitat des norwegischen Saxofonisten Jan Garbarek steht in Anlehnung an den musikgeschichtlichen Inhalt zu Beginn der Dokumentation. Diese Aussage bildet den Ausgangspunkt zu der umfassenden, sich zur selbstbewussten Eigenständigkeit entwickelnden Geschichte des Jazz in Europa.
Mit der Entstehung des deutschen Jazz in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt dann der eigentliche Film. Persönliche Geschichten, Erlebnisse und Anekdoten werden von Vertretern des traditionellen Swing, unter anderem von Coco Schumann und Paul Kuhn, sowie von Größen der moderneren Jazz, darunter Albert Mangelsdorff und Wolfgang Dauner, geschildert.
Ein Schwerpunkt widmet sich der Geschichte des Jazz im Frankreich der 50er und 60er Jahre. Im Schmelztiegel Paris trafen sich Intellektuelle, Schriftsteller, Philosophen und Künstler, um bei Cooljazz und Bebop-Klängen ihrer Lebensfreude Ausdruck zu verleihen. Bewegende Schilderungen von Juliette Greco, die auf ihre Beziehung zu Miles Davis zurückblickt sowie zahlreiche Originalaufnahmen vertiefen den Einblick in diese Epoche. Es folgen Abstecher nach Italien und Dänemark. Dort ist in Kopenhagen über mehrere Jahrzehnte hinweg ein Zentrum der europäisch-amerikanischen Jazzszene gewachsen. Bedeutende Vertreter waren und sind Dexter Grodon, Ben Webster und Niels Henning Oersted Pedersen.
Der Weg zur Moderne des Jazz in Europa führt quer durch verschiedene Nationalitäten mit Vertretern wie Till Brönner, Stefano Bollani, Arve Henriksen, Enrico Rava, Michel Godard, Louis Sclavis dokumentiert. Dass der Jazz auch jenseits des Eisernen Vorhangs Einzug gehalten hat und trotz der politischen Situation enorme Entwicklungen möglich waren, schildern ausführlich der deutsche Pianist Joachim Kühn und seine polnischen Kollegen Tomasz Stanko und Krzysztof Komeda.
Letztendlich schließt sich der Kreis, und die Reise führt zurück nach Norwegen, dem Heimatland von Jan Garbarek, der mit seinen Erzählungen den Film auch eröffnet hat. Historische Aufnahmen von Bobo Stenson und Jan Garbarek versetzen einen nochmals in Epochen der Europäischen Jazzvergangenheit. Eine spannende Aneinanderreihung von beeindruckenden schwarz-weiß-Fotografien großer europäischer und amerikanischer Jazzmusiker bildet das große harmonische Finale einer fundierten und eindrucksvollen Dokumentation.
(Play Your Own Thing - Eine Geschichte des europäischen Jazz, Dokumentation/Musik, Deutschland 2006, 93 Minuten, Regie: Julian Benedikt)
Kinostart: 2. November