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Keine Popmusik mit drei Akkorden - Jazzpreis-Gewinnerin und Ex-«Rainbirds»-Mitglied Ulrike Haage veröffentlicht erste Solo-CD
Berlin (ddp). Ulrike Haage ist Pianistin, Komponistin und Hörspielproduzentin. Zudem arbeitete sie als Dozentin, machte Theatermusik und war mehrere Jahre Mitglied der Band Rainbirds («Blueprint»). Im vergangenen Jahr wurde die in Berlin lebende Elektronikerin mit dem Deutschen Jazzpreis für ihre grenzüberschreitenden Arbeiten ausgezeichnet. Am Montag erscheint nun ihre erste Soloplatte «"SÉlavy" » (bei content/edel), das Celli, Flügel, Percussion und elektronische Klänge vereint und von Jazz, Lounge-Musik und klassischer Musik aus Osteuropa geprägt wird. Mit Haage, die ihr Alter «irgendwo zwischen Ende 30 und Anfang 40 angibt», sprach ddp-Korrespondentin NathalieWaehlisch. ddp: Als Kind lebten Sie in einem Tipi unter dem Dach ihres Elternhauses und wollten Indianer werden. Haben Sie das in Ihrer Karriere umsetzen können?
Haage: Ich glaube schon, dass ich immer einen relativ freien Weg in meiner Karriere geritten bin. Ich habe immer meine eigenen Kompositionen geschrieben und meine Visionen von Musik gehabt. Das hängt sicherlich nicht nur damit zusammen, dass ich als Kind mein Indianerleben mit den Nachbarjungs austoben durfte, sondern dass ich auch mit sehr viel Musik aufgewachsen bin, mit sehr viel Jazz.
ddp: Ihre erste Solo-CD «"SÉlavy" » erscheint am Montag. Warum erst jetzt?
Haage: Die Idee hatte ich schon seit zehn Jahren und wurde darin auch immer wieder von allen Musikern bestärkt. Aber ich habe sehr lange mit Katharina Franck bei «Rainbirds» gearbeitet. Das hat mir wahnsinnig Spaß gemacht und auch unheimlich viel Zeit in Anspruch genommen. Dann kamen die Zusammenarbeit mit Meret Becker und meine Hörspielproduktionen. Das sind alles Projekte, die ich deswegen nicht unbedingt in den Hintergrund stellen wollte.
ddp: Was wollten Sie bei dem Album unbedingt umsetzen?
Haage: Meine Vision von Instrumentalmusik. Damit meine ich Musik, die sowohl klassische Jazzelemente als auch anspruchsvollere Harmonien so verwirklichen kann, dass man sie trotzdem ganz gut hören kann. Für mich ist das Musik, die man überall hören kann - im Cafe oder unter Kopfhörern.
ddp: Ist es schwer, sich in Deutschland mit elektronischer Musik durchzusetzen?
Haage: Es ist grundsätzlich schwer, sich in Deutschland mit etwas anspruchsvollerer Musik durchzusetzen, die aber deswegen nicht gleich in Neue Musik oder solche Richtungen eingeordnet wird. Das ist nämlich ein Begriff, der ganz viele Leute abschreckt, der aber auch andere Leute wiederum sehr elitär sein lässt. Und ich möchte nicht elitär sein. Trotzdem finde ich es sehr schwer, sich mit etwas durchzusetzen, was nicht einfach nur Rock/Pop mit drei Akkorden ist. Damit will ich das nicht abwerten, sondern ich will einfach etwas anderes zur Musikwelt beitragen.
ddp: Sie haben 2003 den Deutschen Jazzpreis bekommen - als erste Frau. Woran liegt das? Gibt es zu wenige gute Musikerinnen in Deutschland, oder denken Sie gar nicht in der Kategorie «erste Frau»?
Haage: Ich habe gar nicht so sehr in diesen Kategorien gedacht, viele andere tun das. Und letztendlich ist es natürlich auch wichtig, das zu erwähnen. Es ist nun mal eine Tatsache. Und im Jazz, der in Deutschland ein doch immer noch sehr konservativer Bereich ist, gibt es wenig Frauen. Und es gibt auch wenige Frauen, die wirklich innovative Sachen machen. Aber das heißt jetzt nicht, dass man deswegen die Preise immer unter Männern verteilen muss!