Body
München (pte) – Gestern (18.10.) starteten die Medientage München, die unter dem Motto "Medien auf Abruf - Folgen der Individualisierung für die Kommunikationsgesellschaft" stehen. Insgesamt werden sich mit diesem Thema 90 Veranstaltungen und ca. 500 Referenten beschäftigen. Unter ihnen auch Jörg Evers, amt. Präsident des Deutschen Komponistenverbandes.
Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Wolf-Dieter Ring, forderte in seiner Eröffnungsrede alle Medienschaffenden auf, "sich auf den Medienwandel einzustellen und bewusst zu machen, dass Nutzer zu Contentproduzenten werden - mit erheblichen Folgen für Journalisten, Medien und Nutzer". Insofern sei es von erheblicher Bedeutung, die digitalen Frequenzen - nicht wie die EU-Kommission plant - versteigern zu lassen. Die deutsche Medienpolitik sei aufgefordert, sich mit den Medienunternehmen zusammenzusetzen und die digitale Landschaft der Medien zu gestalten. Dazu gehöre auch ein präzise definierter Funktionsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland.Dieses Thema stand auch im Zentrum der Ausführungen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, der es als Aufgabe der Medienpolitik sieht, "rasch einen soliden Ordnungsrahmen zur Nutzung der Chancen zu schaffen". Er forderte ausdrücklich, die Medienordnung neu zu strukturieren und kritisierte die europäische TV/Multimedia-Richtlinie der EU. Er lehne die Finanzierung der Sender mittels Product-Placement bzw. Schleichwerbung ab und forderte eine klare Finanzierung der Sender mittels Werbung. Der ordnungspolitische Rahmen müsse Geschäftsmodelle für Medienunternehmen ermöglichen, die Technik und Inhalte aus einer Hand anbieten. Darauf müsse auch die bundesdeutsche Konzentrationskontrolle Rücksicht nehmen.
In der so genannten "Elefantenrunde" mit den Vorständen und Intendanten der Sender sowie Verbandsvertretern der Zeitungsverleger und der privaten Sender rückten die geplante Verschlüsselung der Satellitenabstrahlungen von Free-TV-Sendern und die PC-Gebühr (GEZ) für die öffentlich-rechtlichen Sender in den Mittelpunkt.
Ziel der Verschlüsselung sei es, so ASTRA-CEO Ferdinand Kayser und der
Vorstandsvorsitzende von ProSiebenSat.1 Guillaume de Posch, die Zuschauer direkt anzusteuern. Als Infrastrukturanbieter, so Kayser, müsse Astra Angebote für die individuelle Nutzung von Sendern ermöglichen. Die Sender, so de Posch, müssten sich im digitalen Markt neue Geschäftsfelder und -modelle erschließen und dies gehe nur mit einer direkten Adressierung von Angeboten, die kostenpflichtig sind. Georg Kofler, Vorstandsvorsitzender der Premiere AG, griff die Auflösung der bisherigen Trennung in Contentproduzenten und Infrastrukturanbieter vehement an und sprach von einem "Erpressungspotenzial". Er forderte einen Ordnungsrahmen, der die Erreichbarkeit der Endkunden für die Sender sicherstelle. Es gehe nicht an, dass die Infrastrukturanbieter darüber befinden, welche Inhalte die Endkunden erreichen sollten.
Einig war sich die Runde grundsätzlich darüber, dass die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland auf eine neue Grundlage gestellt werden sollte. Die aktuelle Diskussion über die PC-Gebühr zeige deutlich, dass die technologische Entwicklung mit der rechtlichen Festlegung nicht einhergehe. Daher kündigte Stoiber an, auf dem morgen beginnenden Ministerpräsidententreffen in Bad Pyrmont die Diskussion mit seinen Kollegen zu führen und sprach sich für eine Abgabe pro Haushalt aus. Der ARD-Vorsitzende Thomas Gruber sieht darin auch eine sinnvolle Lösung, verlangte aber, dass sich das Modell ertragsneutral auswirken müsse.
Des weiteren halt am morgigen Freitag (20.10.) Jörg Evers, amt. Präsident des Deutschen Komponistenverbandes und Vorstandsmitglied des Composers Club, ein Einführungsreferat zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „Kulturgut contra Handelsware“. „Wird der Wettbewerb Europäischer Musikverwertungsgesellschaften auf dem Rücken der Urheber ausgetragen?“
Es geht dabei um Bestrebungen aus Brüssel, den Wettbewerb zwischen einzelnen Verwertungsgesellschaften zu verschärfen und den Inhabern und/oder den Nutzern von Urheberrechten die Wahl der für sie günstigsten Gesellschaft zu überlassen. Dass dabei Kultur mehr und mehr zur „Ware“ degradiert wird, dass kulturelle Aspekte, die heute in der Arbeit vieler Verwertungsgesellschaften eine wichtige Rolle spielen, keine Berücksichtigung mehr finden, war für die Entscheider in Brüssel bisher kein Hinderungsgrund, ihre Liberalisierungspläne weiter zu treiben. „Zahlen letztendlich die Urheber die Zeche dafür, dass die besondere Stellung der Verwertungsgesellschaften mit ihrem wirtschaftlichen und kulturell-sozialen Doppelcharakter nicht gebührend gewürdigt wird?“ lautet eine der Fragen, die in dem Gespräch thematisiert werden sollen.
Es diskutieren Prof. Dr. Jürgen Becker, Sprecher des Vorstands der GEMA, sowie Wolfgang Schimmel vom Fachbereich Medien bei ver.di und Justiziar für Urheberrecht. Moderiert wird die Diskussion von Dr. Ralf Weigand, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern des Komponistenverbandes und Vorstandsmitglied des Composers Club.
Termin: Freitag, 20.10., 14.00 Uhr, Panel 12.7
Ort: Internationale Congress Center München, Raum MedienBühne
http://www.medientage-muenchen.de/
(Quellen: Komponistenverband, pte)
Nachtrag vom 19.10., 19.00 Uhr:
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben sich in Bad Pyrmont auf die Höhe der Rundfunkgebühr für Computer verständigt. Für Zuschauer oder Betriebe, die über einen internetfähigen Computer verfügen und bislang noch keine GEZ-Gebühren zahlen, werden damit ab dem 1. Januar 2007 pro Monat 5,52 Euro fällig, teilte die Staatskanzlei in Schwerin mit.