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«Fast inakzeptabel» - Beim Grand Prix wird über die Dominanz Osteuropas diskutiert - Cicero hofft auf Platz in den Top Ten
Helsinki (ddp). Die Empörung bei Grand-Prix-Fan Peter Baumann ist groß. «Es ist fast inakzeptabel, dass so etwas überhaupt passieren kann», sagt der Vizepräsident des Eurovision Club Switzerland nach dem Ausscheiden des Schweizer Kandidaten DJ Bobo im Halbfinale. Nach der Vorschlussrunde des Eurovision Song Contest 2007 in Helsinki sitzt vor allem bei den westeuropäischen Ländern die Enttäuschung tief. Und insbesondere ein Thema wird derzeit beim Song Contest heiß diskutiert: die Dominanz der osteuropäischen Teilnehmerländer bei dem Wettbewerb.
Im Halbfinale am Donnerstagabend schafften es dank des Votums der TV-Zuschauer von 28 Konkurrenten Bulgarien, Weißrussland, Moldau, Serbien, Mazedonien, Ungarn, Slowenien, die Türkei und Lettland in die Schlussrunde am Samstag - und kein einziges Land aus Westeuropa. Nicht nur DJ Bobo, der zuvor bei Wettbörsen mit vorne lag, sondern auch unter anderen die Teilnehmer aus den Niederlanden, Dänemark, Malta, Zypern, Norwegen, Portugal, Österreich und der isländische Hardrocker Eirikur Hauksson sowie auch Israel scheiterten. Nun überlegt dem Vernehmen nach das eine oder andere Land, ob man nicht aussetzen soll. Bei der Anzahl der Länder aus Osteuropa sei klar, dass für ein westeuropäisches Land kein Punkt mehr abfalle, sagt Baumann.
Auch für den deutschen Kandidaten Roger Cicero dürfte es somit am Samstag mit «Frauen regier\'n die Welt» nicht einfach werden. Die Prognosen für den Swingsänger gehen derweil weit auseinander: Cicero selbst, der Schweden, Russland und der Ukraine gute Chancen einräumt, strebt eine Platzierung in den Top Ten an, wie er im ddp-Interview sagt. Der britische Autor Tim Moore handelte ihn als potenziellen Null-Punkte-Kandidaten, ein BBC-Experten-Panel setzte Cicero dagegen auf Platz eins. Zwar ist Australien beim Song Contest nicht dabei - doch bei einem inoffiziellen Publikumsvoting der australischen Sendeanstalt ABC liegt ebenfalls der deutsche Swingsänger vorne sowie die Ukraine. Für den australischen Journalisten Alistair Birch, der aus Helsinki berichtet, sind Deutschland, die Ukraine und Griechenland die Favoriten.
Grand-Prix-Experte Irving Wolther, der über den Song Contest promoviert hat, sieht den Swingsänger dagegen nicht an der Spitze. Cicero könnte möglicherweise auf einem etwas besseren Platz landen als Texas Lightning, die im vergangenen Jahr 15. geworden waren. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass Ciceros Beitrag von der Musikrichtung her in ganz Europa konsensfähig sei und es für einen vorderen Platz reiche, sagt Wolther, der ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Ukraine und Serbien erwartet.
Er kann zudem die Vorwürfe in Richtung Osteuropa so nicht unterschreiben: Für ihn sei das weniger ein Zeichen von «Punktegeschiebe in Osteuropa», sondern mehr ein Signal, «dass die Osteuropäer weitaus kreativer und engagierter an den Wettbewerb herangehen als Westeuropa», findet Wolther. Beiträge, mit denen man vor 20 Jahren erfolgreich gewesen sei, brächten es nicht. Es gehe um «gute Fernsehunterhaltung», fügte er hinzu. Das hätten die meisten osteuropäischen Länder geboten. Was dagegen etwa aus Spanien und Großbritannien geboten werde, sei «nicht sehr einfallsreich und inspiriert».
Auch der Chef der deutschen Delegation, Manfred Witt, hält nichts von derartigen Vorwürfen. Dennoch weiß auch er, dass es das Gefühl gebe, «es muss etwas getan werden». Wenn Westeuropa keine Chance mehr habe, es auch mit guten Titeln im Semifinale zu schaffen, werde das Interesse dieser Länder abnehmen. Es müsse deshalb überlegt werden, wie man mit diesem Ergebnis umgehe. «Man könnte darüber nachdenken, ob es richtig ist, dass alle teilnehmenden Länder sowohl im Semifinale als auch im Finale abstimmen dürfen», sagt Witt.
Auch andere Vorschläge machen die Runde. Der niederländische Radiojournalist Edwin Westenberg schlägt zum Beispiel vor, im Semifinale ein System aus Televoting und professionellen Jurys in jedem Land zu installieren.
Die Teilnehmer beim Finale des Eurovision Song Contest 2007
1. Bosnien-Herzegowina: Marija Sestic, «Rijeka bez imena»
2. Spanien: D\'Nash, «I Love You Mi Vida»
3. Weißrussland: Koldun, «Work Your Magic»
4. Irland: Dervish, «They Can\'t Stop The Spring»
5. Finnland: Hanna Pakarinen, «Leave Me Alone»
6. Mazedonien: Karolina, «Mojot svet»
7. Slowenien: Alenka Gotar, «Cvet z juga»
8. Ungarn: Magdi Ruzsa, «Unsubstantial Blues»
9. Litauen: 4Fun, «Love Or Leave»
10. Griechenland: Sarbel, «Yassou Maria»
11. Georgien: Sopho, «Visionary Dream»
12. Schweden: The Ark, «The Worrying Kind»
13. Frankreich: Les Fatals Picards, «L\'amour à la française»
14. Lettland: Bonaparti.lv, «Questa notte»
15. Russland: Serebro, «Song #1»
16. Deutschland: Roger Cicero, «Frauen regier\'n die Welt»
17. Serbien: Marija Serifovic, «Molitva»
18. Ukraine: Verka Serduchka, «Dancing Lasha Tumbai»
19. Großbritannien: Scooch, «Flying The Flag (For you)»
20. Rumänien: Todomondo, «Liubi, Liubi, I Love You»
21. Bulgarien: Elitsa Todorova & Stoyan Yankoulov, «Water»
22. Türkei: Kenan Dogulu, «Shake It Up Shekerim»
23. Armenien: Hayko, «Anytime You Need»
24. Moldau: Natalia Barbu, «Fight»