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Klassik-Star Thomas Quasthoff hat erstes Jazz-Album «Watch What Happens» mit Tilll Brönner aufgenommen. Klassiker aus dem amerikanischen Songbook und Pop-Song sind zu hören.
Berlin (ddp). In der Klassik hat Thomas Quasthoff mit seinen 47 Jahren so ziemlich alles erreicht. Der Bass-Bariton gilt weltweit als bedeutender Liedsänger und tritt regelmäßig von New York bis Berlin nur mit den besten Orchestern und Dirigenten auf. Und selbst den Branchen-Oscar, den Grammy, hat Quasthoff bereits zwei Mal verliehen bekommen. Nun geht der Sänger musikalisch fremd. Mit dem Trompeter Till Brönner hat er sein erstes Jazz-Album «Watch What Happens» aufgenommen, auf dem knapp ein Dutzend Klassiker aus dem amerikanischen Songbook und Pop-Song zu hören sind - von Charlie Chaplins «Smile» über Duke Ellingtons «My Solitude» bis zu «My Funny Valentine» von Rodgers & Hart. Bei dem Album, das am Freitag erscheint, sei ihm wichtig, dass «es nach Jazz klingen soll und nicht nach Kammersänger», sagt Quasthoff im ddp-Gespräch.Dass dem gebürtigen Hildesheimer jetzt eine Jazz-Platte im besten Sinne geglückt ist, unterscheidet sie von den vielen Crossover-Projekten seiner klassischen Sänger-Kollegen. Was auch Till Brönner bestätigt: «Thomas Quasthoff ist in der Riege der klassischen Sänger im Jazz wahrscheinlich der begabteste und natürlichste», sagt er im ddp-Gespräch.
Aber für Quasthoff ist Jazz eben kein Neuland. Er ist mit Aufnahmen von Miles Davis und John Coltrane aufgewachsen. Und zwischen seinen Auftritten als Opern- und Oratoriensänger gab es immer wieder spontan angesetzte Jazz-Konzerte. «Es ist ja nicht so, dass man in diesem klassischen Genre arbeitet und das andere dabei völlig ausklammert.» Vor großem Publikum präsentierte sich der Jazz-Sänger Quasthoff in Deutschland jedoch erstmals am 9. September 2004.
Anlässlich der Verleihung des Alternativen Nobelpreises trat er in der Berliner Philharmonie zusammen mit der Berliner Philharmonic Jazz Group auf. Mitten unter den Gästen saß damals auch Trompeter Till Brönner, der danach Quasthoff nicht lange zu einem gemeinsamen Album überreden musste. Bei einem Treffen in Quasthoffs Berliner Wohnung reifte schnell dieses Projekt, für das sie gemeinsam die Stücke aussuchten. «Demokratischer kann so etwas nicht entstehen», sagt Quasthoff rückblickend.
Bei der Auswahl der Songs wurde nur darauf geachtet, dass die Songs irgendwie mit der Person Thomas Quasthoff zu tun haben. Gershwins «Theres A Boat Thats Leavin Soon for New York» ist eine Referenz an die von ihm so geliebte US-Metropole. Und Frederick Loewes «Ive Grown Accustomed To Her Face» ist für den frisch Vermählten genauso eine Liebeserklärung an seine Frau wie «You and I»: «Es ist eines der schönsten Liebeslieder von Stevie Wonder, das ich kenne.»
Die eigene Familie ist seitdem für Quasthoff auch das größte Vergnügen, das er sich vorstellen kann. Bis 2009 ist er dennoch schon ausgebucht, geht er im März mit seinem Jazz-Projekt auf eine kleine Welttournee, die ihn für zwei Konzerte auch nach Deutschland führen wird. Und nebenbei hat er noch eine Professur an der Berliner Hanns-Eisler-Musikhochschule, wo er sein technisches Rüstzeug an seine Studenten weitergibt.
Allerdings bereitet ihm bisweilen nicht nur das Niveau der jungen Sänger Kopfschmerzen. Vor allem das grundsätzlich an den Hochschulen gelehrte Bild, dass nur die klassische Musik die wahre Musik und alles andere nur Unterhaltung ist, macht ihn wütend. «Das halte ich für absoluten Blödsinn. Wenn Sie Lieder von Gershwin nehmen, von Irving Berlin und Cole Porter - das sind alles Stücke des 20. Jahrhunderts, die in ihrer Tradition für mich absolut in einer Reihe mit Schubert-Liedern stehen.»
Das beweist Quasthoff nicht nur auf seiner CD. Auch live wird er das bei seinen Konzerten in Köln (17. März) und Berlin (19. März) bestätigen.