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Mainz (ddp). ZDF-Intendant Markus Schächter hat zum Auftakt der Mainzer Tage der Fernsehkritik erneut die Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender verteidigt. «Wer nicht im Netz ist, hat keine Zukunft», sagte Schächter am Montag in Mainz.
Fernsehen zwischen Wert und Ware
Mainz (ddp-rps). Ihre Prognose zur Zukunft des Fernsehens dürfte vielen der Anwesenden nicht gefallen haben: «Das Internet wird das Fernsehen als Leitmedium ablösen», zeigte sich Medienmanagerin Christiane zu Salm am Montag bei den 41. Mainzer Tagen der Fernsehkritik in der ZDF-Zentrale überzeugt. Erstmals seit 20 Jahren sei der Fernsehkonsum rückläufig, insbesondere bei jungen Menschen.
Die Möglichkeiten, die das Internet biete - individuelle Nutzung, Interaktivität sowie nutzergenerierte Inhalte wie Blogs - bedrohten das Fernsehen in seiner Bedeutung und in seinem Wert, zeigte sich Salm, die zum 1. April beim Medienunternehmen Hubert Burda den Vorstandsposten Cross Media übernimmt, überzeugt. Es wachse eine neue Gesellschaft von Fernsehnutzern heran, die Wert auf Teilhabe lege, betonte Salm und prophezeite: «Das klassische Fernsehen bleibt auf der Strecke, wenn es sich hier nicht anpasst.»
Die Zukunft des Fernsehens angesichts der zunehmenden Konkurrenz durch Internet, Online-Communities und mobile Medien ist eines der Themen, über die seit Montag rund 380 Medienmacher, Finanzinvestoren, Wissenschaftler, Medienpolitiker und -kritiker zwei Tage lang auf dem Mainzer Lerchenberg diskutieren. Vor allem aber geht es um den Spagat zwischen «Goldesel und Mehrwert für alle», den das Fernsehen zu bewältigen hat. «Ware oder Wert? Fernsehen zwischen Cash Cow und Public Value», lautete das Motto der diesjährigen Tage der Fernsehkritik.
ZDF-Intendant Markus Schächter warnte in seiner Begrüßungsrede davor, das Begriffspaar Ware und Wert als einen Gegensatz von Gut und Böse zu verstehen. Der Begriff der Ware sei nicht der reine Gegenbegriff zum kulturellen Wert. Allerdings gebe es ganz unterschiedliche Inhalte als Ware: «Hochwertiges und Ramsch». Und so seien es eben gerade ihre Inhalte, Werte und Konzepte, durch welche etwa private und öffentlich-rechtliche Rundfunksender sich voneinander unterschieden.
Schächter räumte ein, dass der Wert der Ware Fernsehen insgesamt sinke, weil das Angebot immer größer werde, immer bunter, verlockender und in der Formatierung billiger. Zugleich zeigte sich der ZDF-Intendant überzeugt: «Nach der Phase von Trash-TV und des Werteverfalls gibt es eine Trendwende. Qualität wird wieder zum Wert-Maßstab.» Signale für diese Trendwende sind Schächter zufolge bereits sichtbar. «Der Zuschauer wird wieder aktiv selektieren und für sich entscheiden: Was ist Müll, was ist Qualität?» Und die Mehrheit werde sich für Qualität entscheiden, zeigte sich ZDF-Intendant überzeugt.
Zugleich verteidigte Schächter erneut die Bedeutung der Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender. «Wer nicht im Netz ist, hat keine Zukunft», sagte er. Der ZDF-Intendant kritisierte in diesem Zusammenhang die geplante Änderung des Rundfunkstaatsvertrages, die eine Beschränkung des Textangebots öffentlich-rechtlicher Fernsehsender im Internet auf sendungsbezogene Inhalte vorsehe.
Mit diesen Plänen werde die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gefährdet, sagte Schächter. Der ZDF-Intendant fügte hinzu: «Wer im Jahr 2008 den öffentlich-rechtlichen Sendern Textbeiträge im Internet verbieten will, steht unter Zensurverdacht.» Allerdings seien ARD und ZDF zu einer Selbstbeschränkung im Netz bereit. Das ZDF werde an keiner Stelle im Netz in einen ökonomischen Wettbewerb mit anderen eintreten, betonte Schächter.
Unter den Teilnehmern der Tagung war auch Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking, der auch einen Vortrag hielt, sowie der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Chef Kurt Beck.
Das ZDF veranstaltet die Tage die Mainzer Tage der Fernsehkritik seit 1968 einmal jährlich zu wechselnden Themen.