Dies hier wird nicht lustig. Ich knüpfe an einen Text aus dem letzten Jahr an, in dem ich von einem Mädchen aus Afghanistan berichte, mit dem ich in einer Schule Musik gemacht hatte. Damit Rückschlüsse auf konkrete Menschen unmöglich sind, wartete ich mit der Fortsetzung und vermische zudem Schulen miteinander: Nie hatte ich einen Klassenraum nach getaner Arbeit so ernüchtert verlassen. Wie das alles die frohgemute Lehrerin jahrelang aushielt?
Sie berichtete, dass sie aus den vielen neuen Hakenkreuzen an den Stühlen morgens erstmal kleine Fensterchen malen müsse. Und wie froh sie war, dass Schüler X den Weg in die Schule gefunden hatte. X war extrem übergewichtig. Er trank in jeder Pause 1, 5 Liter einer billigen Discounter-Limo und aß sechs hartgekochte Eier dazu. Immerhin, er habe etwas zu essen. Im Lehrerzimmer: Stille, angebrannter Kaffee und auf dem Tisch ein schüchternes Plastikblümchen. Die Klassenzimmer modrig, vergammelt, stinkend. Im Musikraum herrschte eine Atmosphäre, wie sie keine Installation bedrückender gestalten kann: Eine Trommel in einer Vitrine, eine verschimmelte Alt-Flöte und die Gipsbüste irgendeines Komponisten.
Bei den Wahlen, die am Vortag stattfanden, wurde die AfD im betreffenden Wahlbezirk stärkste Kraft. Wenn wir die Räume nicht streichen, den abgehängten Schüler X nicht vom Limo-Konsum abbringen und nicht für Trommeln im Überfluss sorgen – was dann? Und was, verdammt, ist hier eigentlich so schwierig? Und wann bekommt die Lehrerin ein angemessenes Gehalt?